Ich glaube nicht an Zauberei

 

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Kapitel 6:
Ein Muggel verteidigt sich




"Malfoy, du magst diesen Kampf gewonnen haben. Aber das wird dir nichts bringen. Selbst wenn du mich tötest..."
"Still, Snape. Was hätte ich von deinem Tod! Ich will mit dir nur verhandeln. Du stehst schließlich in meiner Schuld, da du ja herzlich wenig zu meiner Befreiung aus Askaban beigetragen hast. Darum darf ich fordern: Du gibst mir ein paar bestimmte - na du weißt schon genau welche (sein gekünsteltes Lachen ließ mich wieder erschauern) - Rezepturen, und ich werde dafür sorgen, dass das Misstrauen gedämpft wird, das der Dunkle Lord dir gegenüber derzeit entgegenbringt."
Severus lachte kurz auf: "Das ist doch lächerlich. Du bist gar nicht in der Lage dazu, das Gemüt des Dunklen Lords zu beeinflussen."
Zack. Etwas Schmerzhaftes schien Snape getroffen zu haben. Er krümmte sich, gab aber keinen Laut von sich.
"Pass auf, was du sagst, alter Giftmischer. Ich kann dich auch sofort niedermachen. Keiner würde das merken. Man könnte es nachher wie einen Unfall aussehen lassen. In einer vergessenen, unortbar gemachten Bahn, die nie jemand finden kann.
Und ich will nicht nur alle Rezepturen, sondern auch die Gewährleistung, dass mein Sohn nach wie vor Bestnoten von dir erhält, du weißt ja, die UTZ-Prüfungen stehen bald an..."

Das war Erpressung, soweit konnte ich folgen. Rezepturen wollte er Snape entlocken und Bestnoten für den Sohn, der wohl in Snapes Klasse ging und vor irgendwelchen Examen stand. Wie widerlich. Und der Wagen hier sei "unortbar" gemacht worden... wie auch immer so etwas zu bewerkstelligen war, sei dahingestellt, aber ein Außenstehender würde uns hier nicht so schnell finden, soweit hatte ich verstanden.
Ich überlegte fieberhaft, wie ich mich aus dieser Situation retten, was nun aus mir werden sollte, wenn mich dieser Mensch entdeckte. Vermutlich brachte er mich um. Was sollte ich nur tun?
Snape sagte nach längerem Schweigen: "Du willst Rezepturen? Die helfen dir nichts, so ungeschickt du dich immer bei Tränkezubereitungen anstellst..."
Darauf folgte wieder blitzartiges Zischen aus dem Stab von diesem Malfoy. Snape zuckte zusammen. Er hatte sicher Schmerzen, aber er schwieg. Ich bewunderte seinen Mut und seine Schlagfertigkeit immer mehr.

Malfoy schien etwas entdeckt zu haben: "Was ist denn das da?"
Offensichtlich verwundert trat er einen Schritt vor und beugte sich, um einen Gegenstand aufzuheben. Es war ein Ordner, mein Ordner! Mein Herz sackte in die Hose.
Mit verwundertem Blick schaute er Snape an: "Was trägst du da für einen Muggelkram mit dir rum? - Antworte mir!" und es zischte wieder aus seinem Stab.
Severus zögerte und schien wohl zu überlegen, was er nun sagen konnte: "Nun, Muggelkram, vielleicht, aber ganz nützlich, insbesondere wenn man diesen Muggelkram überarbeitet." Sehr langsam und deutlich sprach er das Wort "überarbeitet" aus, und ich überlegte mir fieberhaft, was das bedeutete.

Malfoy öffnete schließlich nach längerem Überlegen den Ordner. Ich hörte, wie er ein paar Seiten umschlug. Kurze Stille trat ein, dann hörte ich wieder seine Stimme: "Was ist denn das da? Weißes Muggelpapier mit Muggeldruckschrift, und klingt so wie von Muggelhand geschrieben. Sag mal, was schleppst du so mit dir rum?" Er blickte wieder auf den Ordner und las laut vor: "Erneute Fahrpreiserhöhungen verärgern U-Bahn-Kunden. Ein Bericht von Lily Donald" Er blickte wieder auf und schien wohl zu überlegen, wie mein Artikel zu Severus gehören konnte. Doch dann fing er genau das an, was ich befürchtet hatte, nämlich sich umzusehen. Sein Blick fiel direkt auf einen Kugelschreiber und den Nothammer unweit seiner Füße. Er bückte sich, hob diese Gegenstände auf und fing an, ohne Snape aus den Augen zu lassen, ein paar Schritte weit in meine Richtung zu gehen...

Jetzt ist es aus, dachte ich mir, unter dem Sitz eng zusammengekauert. Was sollte ich tun? Gegen diesen duellierfähigen "Magier" konnte ich doch nichts ausrichten.
Aber Snape blieb nicht tatenlos. Er sprang auf, wohl eher ein Ablenkungsmanöver als ein ernsthafter Fluchtversuch, und rief: "Das sind meine Unterlagen. Gib sie mir."
Doch Malfoy reagierte schnell. Er sprang herum und bevor Snape irgendetwas tun konnte, richtete er seinen Stab auf ihn: Und prompt schossen lange Schnüre daraus hervor, die sich behände um Snapes Körper wanden und ihn sogar an eine Haltestange festzurrten. Snapes Körper klatschte an die Stange. Er rutschte auf den Boden und blieb an der Stange gelehnt sitzen. Er konnte sich nicht mehr rühren.
Mit keuchender Stimme sagte Snape: "Was suchst du, Lucius? Wie viel Zeit willst du dir noch nehmen mit mir?"
Lucius antwortete abweisend: "Zeit habe ich genug. Erzähl mir erst mal, was dieser Kram hier soll" und zeigte auf meine Mappe, die er wieder öffnete. Er richtete seinen Stab auf die Mappe und murmelte irgendwas. Gebannt überlegte ich, was er nun vorhatte. Doch eigentlich geschah nichts, keine Funken oder Explosionen. Genervt warf er die Mappe, den Stift und den Hammer auf einen Sitz und sagte: "Sieht nicht so aus, als ob der Inhalt besonders wichtig für uns wäre, nicht wahr? Fahrpreiserhöhungen! Was für´n Quatsch! Mit was für Themen gibst du dich inzwischen ab? Und verzaubert scheint das hier auch nicht zu sein, oder doch?" Er beugte sich dicht über Snape und murmelte ihm irgendwelche Drohungen zu.
Snape konnte seinem Blick standhalten, soweit ich dies erkennen konnte, und sagte schließlich: "Ich wäre mir da nicht so sicher. Besser, du rührst diese Dinge nicht an, sonst passiert vielleicht doch noch etwas Ungewöhnliches..." Er nahm bei diesen Worten einen bedrohlichen Tonfall an. Wahrscheinlich funkelten seine schwarzen Augen dabei, stellte ich mir vor.
"Verhext hast du diese Mappe, ja?" fragte Malfoy schließlich, seinen Blick halb auf den Ordner gerichtet. Ich spürte so etwas wie eine leichte Furcht in seiner Stimme. "Also, Severus, wenn hier irgendwas gleich losgehen sollte, dann bist du schneller platt, als du Piep sagen kannst", und ergänzte: "Ich versteh deinen Sinneswandel nicht: Slytherin Severus Snape, reinblütiger Todesser, oder besser Ex-Todesser, spielt mit Muggelsachen rum. Jetzt erzähl mir bloß nicht, dass du dich mit Arthur Weasley regelmäßig zum Tee triffst."
Dabei lachte er kurz auf über die ihm wohl selbst zu kurios erscheinende Vorstellung, und stieß Severus kräftig mit dem Fuß an. Seine Stimme hatte einen Ton von Verabscheuung angenommen.

Lucius hielt kurz inne, doch dann lachte er abermals laut auf: "Also, ich vermute ja eher..." und bückte sich, um unter die Sitze zu schauen.
Ich wusste, dass es nun kein Entrinnen gab.
"Ach, sieh mal an" rief er, "ein Muggel, hier versteckt!" Er stand auf, ging die paar Schritte zu mir und beugte sich abermals zu mir herunter. Mit einer Hand zog er mich mit einem kräftigen Schwung aus meinem Versteck, während die andere den Stab festhielt und auf mich richtete. Ein strenges Gesicht mit blassen Augen blickte triumphierend in mein Gesicht.
Ich ließ alles mit mir wehrlos geschehen. Nun war ich auf alles gefasst, wirklich auf alles. Wie in Trance ließ ich mich schweigend auf einen Sitz schleudern. Inzwischen wusste ich, dass dieser Stab wie eine Art Revolver funktionieren konnte.
"Ein waschechter Muggel" sagte er mit verachtendem Tonfall und starrte mich neugierig an, indem er ganz nah an mich herantrat. Er warf seinen langen, schwarzen Umhang aus schwerem, samtartigen Stoff, zurück und ließ seine Fingerspitzen über meine Wangen gleiten. Ich zuckte angewidert zusammen und versuchte mich der Hand zu entziehen. Er lachte, ließ zunächst von meinem Gesicht ab und befühlte mein verschwitztes T-Shirt. Ich richtete mich ein wenig auf und versuchte, Blickkontakt zu Snape zu erhaschen. Muggel. Das waren wohl "gewöhnliche Menschen" ohne diese Zauberstäbe, soviel hatte ich inzwischen begriffen. Nun schien mein Ende zu nahen. Snape schaute mich nicht direkt an, sondern schien wohl intensiv nachzudenken. Wehrlos, wie er da gefesselt lag, wusste ich, dass unser Entrinnen aussichtslos war. Malfoy hatte uns im Griff, und dessen schien er sich selbst auch sicher. Snape kaum beachtend begutachtete er mich nun ganz genau wie einen gelungenen Fang.
"Eine Frau, so so", sagte er: "Und du hast die ganze Zeit hier mit Severus zusammengesteckt, ja?"
Ich schwieg.
Er wandte sich Snape zu: "Du hast sie mitgenommen? Anders kann sie ja kaum eingedrungen sein, so ohne Magie."
Snape räusperte sich: "Sie kam zufällig mit."
"Zufällig? Ha, das soll ich glauben! Wie ist sie denn hier reingekommen? Hat sie das Passwort gewusst, ganz zufällig? Also, Severus. Jetzt erzähl mir erst: Was hattest du vor mit dieser Frau?"
Und er stieß Snape unsanft mit seinem Fuß an. Dann lachte er: "Wohl auf ein Abenteuer aus gewesen, was?"
Snape ruckte angewidert mit dem Kopf: "Lass sie in Ruhe. Sie hat keine Ahnung von irgendetwas."
Malfoy überlegte. "Hm, das kann ich nicht so recht glauben, Severus. Sind mir zu viele Zufälle. Allerdings, soweit ich mich erinnern kann, hast dich bisher noch nie an Muggelfrauen vergriffen... hm." Er dachte nach. Mir lief es kalt den Rücken runter.

"Also, von ihr sind diese Unterlagen?" fuhr er langsam fort.
Er schaute wieder zu mir herüber: "So, du hast Severus also hier zufällig getroffen, ja?"
Ich starrte ihn verschreckt an und konnte kein Wort rausbringen.
"Antworte gefälligst, Muggelfrau. Sonst zeige ich dir mal, wie ein ehrenwerter Zauberer mit solchen Leuten wie dir umgeht!" Und er ließ heiße Funken aus seinem Stab sprühen, die sich in kleinen Spritzern auf meinem Gesicht einbrannten. Ich schrie kurz auf, beherrschte mich dann sofort wieder.
"Na, stolz bist du auch noch!" lachte er hämisch und packte mich kräftig am Nacken. Ich biss mir auf die Lippen, um kein weiteres Geräusch von mir zu geben.
"Hm, mal sehen, was man noch so mit dir anstellen kann..." Er betrachtete mich mit gierigen Augen.
‚Wenn der Tod nur kurz und schmerzlos wäre', dachte ich verzweifelt. ‚Aber wahrscheinlich wird er mich zuerst vergewaltigen und foltern.' Ich rechnete mit allem.

In meinem Kopf drehte sich alles. Ich versuchte, nicht mehr auf Malfoy zu achten, wie er mich anstarrte und befühlte, sondern mir wieder Nicos Gesicht vorzustellen: Nico, mein Kleiner, der mir so oft merkwürdige Geschichten erzählte. Wie würde er reagieren, wenn ich morgen nicht am Bahnhof erscheinen würde, und man ihm irgendwann mal mitteilte: Deine Mutter? Sie ist bei der Arbeit verschwunden und nie mehr aufgetaucht. So, als ob ich ihn einfach verlassen hätte, abgehauen wäre.
Dabei rannen mir die Tränen von der Wange. Nico würde nie erfahren, wie ich umgekommen bin, sondern mich sogar für eine treulose Mutter halten, die einfach ihr Kind im Stich lässt...

"Ach, die Kleine fängt an zu weinen", riss mich die eklige Stimme von Malfoy aus meinen traurigen Vorstellungen. "Na, du begreifst doch sowieso nichts, dumme Muggelfrau."
Ich weiß nicht, woher ich meinen Mut nahm. Vermutlich, weil der Gedanke an Nico mir die Kraft dazu gab, oder weil ich wusste, dass ich eh nichts mehr zu verlieren hatte. Es überkam mich solch eine Wut, die mich tatkräftig werden ließ: Ich riss mich ruckartig los und schrie dieses Monster einfach an: "Ich nichts begreifen? Was glaubst du eigentlich, wer du bist! Bedrohst und bestichst den armen Snape und meinst, dich auch noch an mir vergreifen zu können, ja? Das wird dir nicht gelingen, arrogantes Ekelpaket!"
Meine plötzlichen Worte zeigten Wirkung. Lucius zuckte überrascht zusammen. Er hatte mit solch einem Wutausbruch nicht gerechnet und konnte so schnell nicht reagieren. Die Tränen liefen mir noch über meine Wangen, während ich den Nothammer neben mir ergriff und zuschlagen wollte. Doch er war schneller und konnte mich natürlich abwehren, so viel kräftiger er nun mal war. Er holte schon mit einer Bewegung aus, vermutlich um seinen Stab gegen mich anzuwenden, da hielt er plötzlich inne und zuckte zusammen:
Ein Geräusch, das langsam lauter wurde, ließ ihn erschrecken.

Nicht zu fassen: Mein Handy klingelte! Eine Melodie, genau genommen "meine" selbst komponierte Melodie füllte den Raum. Sie klang so vertraut. Aber meine Musik passte nicht in diese Welt. Jedoch rief sie mich in meine eigene zurück. Wieso funktionierte es jetzt wieder? Aber das war jetzt egal. Die Musik verstärkte meinen Mut und mein Reaktionsvermögen. Es ging alles im Bruchteil von Sekunden:
Ich nutzte die Gunst der Stunde und packte den erschrockenen Malfoy am Arm, riss ihm den Stab aus der Hand und bedrohte ihn damit. Wie hatte ich das nur geschafft! Ich konnte es kaum fassen. Malfoy war wie gelähmt. Er blickte hektisch zwischen dem klingelnden Handy und meinem Stab hin und her.
Ich musste diesen Schreck nutzen, so lächerlich das mir nun vorkam. Ich versuchte mutig, ohne zu zittern, mit dem Stab ruhig auf das Herz von Malfoy zu zielen, ganz so, wie ich es vorhin im Duell beobachten konnte, und sagte deutlich: "Sie glauben, ich sei ein Muggel? Nun, seien Sie sich da nicht so sicher. Und mein Handy hat schon Alarm ausgelöst. Bevor noch etwas passiert, verschwinden Sie besser." Das war doch nicht meine eigene Stimme! Ich wunderte mich über mich selbst.
Malfoy starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an, und als ich schon fieberhaft weitere Schritte überlegte, ihn von meiner angeblichen Dominanz zu überzeugen, da machte es Puff, und Malfoy löste sich in Luft auf.
Einfach so, weg war er.
Reglos blickte ich auf die Stelle, wo Malfoy zuletzt gestanden hatte. Es war still geworden. Das Handy klingelte nicht mehr.



Kapitel 5

Kapitel 7


 

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