Herz aus Eis

 

 

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Kapitel 3: Zaubererschuld


1
Am nächsten Morgen erwachte Severus ausgeruht und stellte erstaunt fest, daß er sich körperlich so wohl fühlte wie schon lange nicht mehr.
Er entschied, heute sein Frühstück mit den anderen Lehrern in der Großen Halle einzunehmen.
Als er dort ankam, fand er nur Professor Dumbledore vor.
Dieser fütterte gerade einen riesigen Uhu mit Schinkenstreifen. Severus setzte sich und wurde von dem Uhu misstrauisch beäugt.
“Guten Morgen, Severus”, grüßte Dumbledore gutgelaunt. Severus nickte ihm zu und nahm sich eine Scheibe Toast.
“Ist das Ihr Uhu, Sir?”, fragte er und beobachtete missbilligend, wie der Vogel über den Tisch stolzierte und sich über die Reste auf den Tellern hermachte.
Dumbledore lachte. “ Oh nein, der wäre mir doch eine Nummer zu groß. Er gehört Patricia, ein Abschiedsgeschenk von ihrem Team... Frank`n`Furter heißt er.”
“Wie?”
Amüsiert betrachtete Dumbledore den befremdeten Ausdruck in Severus´ Gesicht. “Das ist ein Muggelname, soweit ich weiß. Sehr schlaues Tier, nur ein wenig.. nun ja, eigenwillig.”
Der Uhu setzte sich auf Dumbledores Schulter und ließ sich von ihm kraulen.
“Wie wärs mit etwas frischer Luft, Severus? Die anderen Kollegen sind schon draußen am Quidditch-Feld und sehen Madam Hooch und Patricia beim Fliegen zu.”
“Dreht sich an dieser Schule neuerdings alles um diese.. diese Person?” Severus schäumte vor Wut. “Gibt es nicht wichtigere Dinge für uns zu tun, als einer mittelmäßigen Jägerin, die bei einem mittelmäßigen Verein gespielt hat, beim Fliegen zuzusehen? Reicht nicht schon eine 'Berühmtheit' hier? Wie soll so eine Lehrerin ein Beispiel für die Schüler, insbesondere die Gryffindors sein? Vielleicht sollte sie sich lieber auf den Unterricht vorbereiten, anstatt ihrem Freizeitvergnügen nachzugehen. Ich bin erstaunt, daß Sie diesem Treiben auch noch Vorschub leisten, Professor!”
Dumbledore schüttelte den Kopf und antwortete: “Severus, was ist schlimm daran, daß hier mal ein bisschen Leben in die Bude kommt? Ich bin von Patricias Qualitäten als Lehrerin sowie als Jägerin voll und ganz überzeugt. Die Schüler werden sie mögen, und das sollten Sie auch.. Kommen Sie mit. Ich für meinen Teil sehe gern mal gutes Quidditch..”
Er stand auf, und Severus folgte ihm widerwillig.
Draußen war ein herrlicher Tag, aber Severus stellte fest, daß es ein wenig kälter geworden war und der Herbst sich bereits ankündigte. 'Mein letzter Herbst', dachte er und ging neben Dumbledore zum Quidditch-Feld.
Schon von weitem konnte er zwei Gestalten auf Besen ausmachen, die hoch oben über dem Feld durch die Luft rasten.
Er stieg mit Dumbledore auf die Tribüne, wo bereits ein begeisterter Professor Flitwick und ein brüllender Hagrid saßen: “Schneller, Patty...!”
Patricia und Madam Hooch versuchten in der Luft, sich gegenseitig den Quaffel abzujagen und ihn durch das jeweils gegnerische Tor zu werfen.
Die beiden flogen so schnell, daß Severus nur erahnen konnte, wer gerade im Ballbesitz war.
Dumbledore sah durch sein Omniglas und grinste. “Sie kann es immer noch.. sehen Sie doch mal, Severus. Die arme Madam Hooch hat kaum eine Chance..”
Er reichte Severus das Omniglas. Severus sah hindurch und hatte nun einen Blick auf das Geschehen in der Luft.
Patricia trug eine dunkelrote Robe mit einem aufgestickten Drachen auf dem Rücken, dem Teamwappen der “Dublin Dragons”. Sie jagte mit dem Quaffel unter dem Arm in Richtung Tor, Madam Hooch flog hinter ihr her und versuchte verzweifelt, ihr den Ball abzunehmen.
Doch ihre Versuche waren vergebens. Immer, wenn sie Patricia gefährlich nahe kam, wich diese ihr nach oben, unten oder zur Seite aus oder drehte Loopings um Madam Hooch herum.
Severus stellte die Schärfe noch stärker ein und konnte sehen, wie Patricia über das ganze Gesicht strahlte. Ihre Wangen waren gerötet, und einzelne Strähnen hatten sich aus dem dicken Haarknoten in ihrem Nacken gelöst.
Bei diesem Anblick erinnerte sich Severus an seinen Traum der vergangenen Nacht und wünschte sich einen Moment, mit ihr zu fliegen.
Schnell schüttelte er diesen Gedanken ab und gab Dumbledore das Omniglas zurück.
Er nahm es lächelnd entgegen und fragte: “Wie lange sind Sie nicht mehr geflogen, Severus? Ich erinnere mich noch sehr gut, als Sie Sucher im Slytherin-Team waren und...”
Severus konnte den Rest von Dumbledores Satz nicht mehr verstehen. Ein scharfer Schmerz fuhr durch seinen Arm und eine kalte Stimme rief seinen Namen....
Dumbledore verstand sofort. “Ruft er Sie, Severus?”
Das Dunkle Mal glühte auf. Severus mußte zu ihm....
Später konnte er sich nicht mehr erinnern, wie er von der Zuschauertribüne heruntergekommen war.
Seine Welt war nur noch Schmerz. Vor seinen Augen waberten blutrote Nebelschwaden und er hörte Stimmen und kaltes Lachen von weit her... glühende Eisen bohrten sich in seine Seiten, er war gefesselt, bewegungsunfähig.. hatte jedes Zeitgefühl verloren.
Es konnten Jahre oder nur Minuten vergangen sein, es war einerlei. Severus klammerte sich nur an einen Gedanken, den er wie ein Mantra wiederholte, um nicht gänzlich den Verstand zu verlieren: Laß es vorbei sein, laß mich sterben...
Irgendwann war es vorbei, und eine gnädige und warme Schwärze umfing ihn.........

***



Sie wanderte durch die abendlich leeren Straßen von Hogsmeade. Regen tropfte von ihrem nassen Haar, und ihre Stiefel waren völlig durchweicht. Es war ihr egal.
Die Fenster waren gemütlich erleuchtet. Niemand hielt sich auf der Straße auf, wenn er nicht unbedingt mußte.
Aus den “Drei Besen” klangen Musik und Gelächter, doch sie ging vorbei.
Nur laufen, laufen.. und nicht nachdenken. Patricia spürte ihren Körper nicht mehr, er schien von selbst zu funktionieren, und jeder Schritt entfernte sie weiter von den Häusern, hinaus in das Umland von Hogsmeade.
Der Schmerz hatte sie betäubt. Remus war fort, es war endgültig. 'Und ich habe es all die Jahre nicht begriffen, daß er nie zu mir kommen würde', dachte Patricia voll Bitterkeit.
Warten und hoffen, und Briefe schreiben voller Sehnsucht, voller Liebe...die er nie beantwortet hatte.
Trotzdem war er an den wenigen Anlässen, bei denen sie sich in den vergangenen Jahren begegnet waren, zu ihr gekommen, hatte sie geküßt, und mehr...
Wütend kickte Patricia einen Stein weg und ging weiter mitten durch die Pfützen. Sie entfernte sich immer weiter von Hogsmeade ohne es zu merken.
Schon oft hatte sie die Gegend überflogen, doch noch nie zu Fuß erkundet.
Verwirrt sah sie sich um, als plötzlich ein großer Schatten über sie hinwegglitt. Erschrocken schrie sie auf, bis sich der Schatten auf ihrer Schulter niederließ und beruhigend schuhuhte.
“Frankie, hast du mich erschreckt..” Sie streichelte das nasse Gefieder des Uhus.
Frank´n´Furter war zahmer als die meisten anderen Eulen. Er zog Patricias Gesellschaft der Eulerei vor und war in den letzten Jahren kaum von ihrer Seite gewichen. Patricia konnte sich noch gut an die entsetzten Gesichter ihrer Eltern und ihres jüngeren Bruders erinnern, als sie Frank zum ersten Mal mit nach Manchester gebracht hatte. Zwar hatte es ihre Familie über die Jahre geschafft, sich an den Gedanken, eine Hexe zur Tochter beziehungsweise Schwester zu haben, zu gewöhnen, aber manchmal wurde es ihnen dann doch zu viel.
Patricia ging weiter, obwohl Frank eindringlich an ihrem Ohrläppchen zupfte, vermutlich, um sie zur Rückkehr zu bewegen.
Mittlerweile war es dunkel geworden, aber der Regen hatte nachgelassen. Der Mond zeigte sich endlich, und tauchte die wilde Landschaft in ein unwirkliches Licht.
Patricia sah sich fasziniert um und verdrängte vehement den Gedanken an Remus Lupin, der ihre Liebe für den Mond aus verständlichen Gründen nie geteilt hatte..
Während sie sich umschaute, fiel ihr plötzlich ein unförmiges dunkles Bündel auf, das mitten auf einem Geröllfeld lag.
Es sah nicht wie die anderen Steine aus.. Ihre Neugier siegte über die Vorsicht, und sie stieg auf das Geröllfeld, den jetzt laut und eindringlich schuhuhenden Uhu auf ihrer Schulter ignorierend.
Als sie davor stand, sah das Gebilde eher wie ein achtlos weggeworfenes Bündel Lumpen aus.
Sie holte ihren Zauberstab hervor und flüsterte “Lumos!”
Die Spitze des Zauberstabes erhellte das Bündel vor ihr, und sie stieß einen Schrei aus: Es war ein Mensch!
Patricia kniete sich neben den leblosen Körper, der auf dem Bauch lag, auf den Boden und drehte ihn um.
Im Licht des Zauberstabes erkannte sie das blutverschmierte Gesicht von Severus Snape.
Seine Robe war zerrissen, über seinen gesamten Oberkörper waren blutige Risse und frische Brandmale verteilt. Auf seiner Stirn klaffte eine große Wunde, und er blutete aus Mund und Nase.
'Er ist tot!', dachte Patricia und spürte, wie ein übermächtiges Entsetzen von ihr Besitz nahm.
Sie hatte es gewußt, daß der Dunkle Lord ihn gerufen hatte. Eine Woche war Severus verschwunden gewesen, Dumbledore hatte sich große Sorgen gemacht.
Und nun lag er hier, gefoltert und zerstört. Vorsichtig nahm Patricia seinen Kopf und legte ihn in ihren Schoß.
Dann sah sie es: Seine Brust hob und senkte sich schwach! “Frankie, er lebt noch! Ich muß ihn ins Schloss bringen.”
In ihrer Tasche fand sie ein durchweichtes Stück Pergament und eine zerknickte Feder.
Schnell kritzelte sie einige Zeilen für Dumbledore und steckte das Pergament Frank´n´Furter in den Schnabel. Er flog sofort los und verschwand in der Dunkelheit.
Mit einem Zipfel ihres nassen Umhangs wischte sie das Blut von Severus´ Gesicht.
Sacht strich sie über seine Wange, sie hatte Angst, ihm wehzutun, und flüsterte ihm beruhigende Worte zu, als wäre er ein verängstigtes Kind:
“Keine Angst, Severus. Ich bin bei dir...gleich bringe ich dich zu Madam Pomfrey und es wird alles wieder gut....”
Sie hob ihren Zauberstab und sagte: “Bandagio!” Aus der Spitze ihres Zauberstabes schlängelte sich ein Verband, der sich um Severus´ Kopf wickelte.
Patricia war in diesem Moment wieder einmal froh und dankbar, eine Hexe zu sein.
Sie zauberte eine Wolldecke aus der Luft, in die sie Severus vorsichtig einhüllte, und rief ihren Besen zu sich: “Accio Nimbus 2001!”
Nach einigen Minuten kündigte ein Sirren in der Luft den Besen an, der direkt in ihre Hand flog.
Sie wußte, daß sie es nicht schaffen würde, Severus aus eigener Kraft auf ihren Besen zu setzen. Außerdem befürchtete sie, er könnte innere Verletzungen haben.
Mit dem “Mobilcorpus”- Zauber hob sie seinen Körper langsam vom Boden. Sie stieg auf den Besen und setzte Severus vorsichtig seitlich vor sich. Er lag leblos und schwer in ihren Armen.
“Severus, ich bringe dich auf dem Besen nach Hogwarts, das geht am schnellsten. Ich werde dich gut festhalten..”
In diesem Moment flatterten Severus´ Lider, und er öffnete die Augen. Als er Patricia sah, versuchte er, etwas zu sagen; doch mehr als ein schwaches Röcheln kam nicht zustande.
Patricia legte einen Finger auf seine Lippen. “Sag jetzt nichts. Halt dich an mir fest, wenn es irgendwie geht.”
Aber es ging nicht. Severus verlor wieder das Bewußtsein, und Patricia spürte, daß die Zeit drängte. Behutsam stieß sie sich vom Boden ab.
Der Nimbus 2001 wurde mit dem zusätzlichen Gewicht sehr instabil. Patricia hatte alle Mühe, ihn in der Luft gerade zu halten.
Als Hogwarts in Sicht kam, schmerzten ihre Arme und sie schwitzte vor Anspannung und Angst. Doch sie erkannte, daß im Hof Fackeln angezündet waren. Professor Dumbledore und Madam Pomfrey warteten bereits mit einer Trage auf sie und starrten mit angespannten Gesichtern in den Himmel.
Sie landete direkt vor der Krankenbahre. Dumbledore hob Severus vom Besen und bettete ihn auf die Trage, mit der Madam Pomfrey augenblicklich in Richtung Krankenflügel verschwand.
Dumbledore legte Patricia den Arm um die Schulter und führte sie ins Schloß.
Später fand sie sich in seinem Büro wieder, mit einer trockenen Robe bekleidet, einer Decke um die Schultern und einer Tasse heißer Schokolade in den Händen.
Dumbledore musterte sie mit seinen gütigen Augen und sagte: “Er wird durchkommen, sagt Poppy. Du hast ihm das Leben gerettet.”
Patricia schüttelte den Kopf. “Es war purer Zufall, daß ich ihn gefunden habe.”
“Und du hast ihm sofort geholfen und das Richtige getan, hast dich sogar für ihn in Gefahr begeben. Manchmal gibt es keine Zufälle, Patricia. Nun besteht eine Verbindung zwischen euch, er steht in deiner Schuld. Es wäre doch an der Zeit, alte Feindschaften zu vergessen, oder?”
Sie seufzte. “Ich werde mich bemühen, Sir.”
Am nächsten Morgen ging Patricia auf die Krankenstation. Severus war noch immer nicht bei Bewußtsein, doch Madam Pomfrey war dennoch zuversichtlich.
“Die Wunden waren schlimm, und seine Beine haben sie ihm auch gebrochen.” Ihr Gesicht verzog sich vor Abscheu. “Aber er wird wieder ganz gesund, zumindest körperlich.. wer weiß, was sie ihm noch angetan haben?”
Patricia setzte sich an Severus` Bett. Er wirkte unendlich zerbrechlich, sie spürte nichts mehr von der abweisenden und düsteren Aura, die ihn sonst umgab.
Aber er war in Sicherheit, fürs Erste zumindest.
Sie betrachtete sein blasses Gesicht und mußte der Versuchung widerstehen, ihn wieder zu streicheln. Stattdessen nahm sie, einem plötzlichen Impuls folgend, seine Hand und drückte sie.
Madam Pomfrey nickte etwas befremdet, aber wohlwollend: “Ja, zeigen Sie ihm, daß er nicht allein ist.”

***



Es dauerte eine ganze Woche, bis Severus das Bewußtsein wiedererlangte. Er brauchte eine Weile, um zu begreifen, wo er sich befand.
Madam Pomfrey brachte ihm eine heiße Brühe und wartete unnachgiebig, bis er sie vollends getrunken hatte.
“Was ist passiert?”, fragte er sie leise. Seine Stimme war sehr heiser.
“Ich hole den Direktor, der kann Ihnen dann alles erzählen. Er wird sehr erfreut sein, daß Sie endlich aufgewacht sind..”
Sie rauschte durch die Tür des Krankenflügels. Severus versuchte mühsam, sich aufzurichten. Dabei fiel sein Blick auf den Nachttisch neben seinem Bett, auf dem zwei große Blumensträuße und eine Schachtel Schokofrösche standen.
In dem ersten Blumenstrauß steckte eine Karte, auf der stand: “Gute Besserung wünschen Ihnen Ihre Schüler aus Slytherin, i.A. Pansy Parkinson und Draco Malfoy.”
Der Unterricht hatte bereits begonnen? Wie lange hatte er hier gelegen? Wer würde nun seinen Zaubertrankunterricht geben?
Dumbledore gab ihm wenig später Antworten auf all seine Fragen und erzählte ihm, wie Patricia Knight-Haversham ihn nach Hogwarts gebracht hatte.
“Ja, ich erinnere mich, daß ich geflogen bin..”, sagte Severus leise.
“Nun, Severus, Sie werden bald wieder auf dem Damm sein. Ich werde noch besser auf Sie Acht geben müssen. Noch ein paar Tage auf der Krankenstation, dann können Sie wieder unterrichten. Ach ja, die Schüler glauben, Sie hatten einen Unfall bei einer Kesselexplosion”, erzählte Dumbledore und musterte Severus voller Sorge.
“Aber mein Unterricht....”, warf Severus ein..
“Keine Sorge, Patricia vertritt Sie solange!”

***



Harry, Ron und Hermione saßen im Zaubertrankunterricht und konnten kaum glauben, wie ihnen geschah. Anstatt des finsteren und gemeinen Snape stand Professor Knight-Haversham vor der Klasse und erklärte Neville gerade geduldig und freundlich, in welchen Verhältnis er Tollkirschen und Alraunenwurzeln für den Aufputschtrank, an dem sie gerade arbeiteten, mischen sollte.
Neville starrte die Lehrerin an wie das achte Weltwunder, denn normalerweise war er es nicht gewöhnt, im Zaubertrankunterricht so nett behandelt zu werden.
Auch Seamus Finnegan konnte seinen Blick nicht von ihr lassen; so faszinierend fand er es, daß eine leibhaftige Quidditch-Spielerin, die auch noch in einer irischen Mannschaft gespielt hatte, nun in Hogwarts unterrichtete.
Ron flüsterte: “Snape kann ruhig länger krank bleiben, am besten kommt er gar nicht mehr wieder.” Harry nickte zustimmend. Hermione sah zu den Slytherins herüber und bemerkte, wie Malfoy und seine “Leibgarde” Crabbe und Goyle die Köpfe zusammensteckten.
“Die hecken doch garantiert irgendwas aus..”
Und sie hatte recht. Als Professor Knight- Haversham sich von Neville wegdrehte, richtete Malfoy seinen Zauberstab auf Nevilles Kessel, der augenblicklich zu schmelzen begann.
Neville heulte fast vor Verzweiflung. “Ich hab doch diesmal alles richtig gemacht!”
“Malfoy, du mieser..”, schrie Ron und wollte sich auf ihn stürzen.
“Bleiben Sie sitzen, Weasley. Malfoy, wenn Sie mich reinlegen wollen, müssen Sie schon etwas schneller sein. Sie wischen die Sauerei hier auf, und 10 Punkte Abzug für Slytherin!”
“Das werde ich nicht tun, ich werde mit Professor Snape reden! Sie sind doch bloß eine Vertretung und haben gar keine Ahnung von Zaubertränken..”, schrie Malfoy sie an.
Professor Knight-Haversham antwortete ruhig: “Nun, ich denke nicht, daß Professor Snape so ein Verhalten gutheißen wird. Ich wäre an Ihrer Stelle mit dem Urteil über mich nicht zu voreilig, Malfoy, schließlich sehen wir uns noch in Verteidigung gegen die Dunklen Künste. Sie bleiben nach der Stunde hier, und wir reden über Ihre Strafarbeit. Sollten Sie das nicht tun, werde ich noch mehr Punkte für Slytherin abziehen, ist das klar?”
Malfoy kochte vor Wut, sagte aber nichts mehr.
Alle Schüler, außer den Slytherins, waren bald begeistert von ihrer neuen Lehrerin.
In den Pausen war sie meist von einer großen Gruppe umgeben; immer dabei waren die Jägerinnen aus dem Gryffindor-Quidditch-Team, Angelina, Katie und Alicia, und Seamus Finnegan. Begeistert hingen sie an Professor Knight-Havershams Lippen, wenn sie von ihren Quidditch-Spielen erzählte, und auch Harry und seine Freunde gesellten sich manchmal zu ihr.
Neville hatte endlich das Gefühl, im Zaubertrankunterricht auch mal etwas zu verstehen.
In der zweiten Woche des neuen Schuljahres tat er etwas, was er sonst noch nie getan hatte: Er meldete sich freiwillig, als Professor Knight-Haversham eine Frage stellte, und gab sogar die richtige Antwort.
“Sehr gut, Neville! 5 Punkte für Gryffindor.” Neville strahlte über das ganze Gesicht.
Die Slytherins jedoch, empört über die Strafarbeit, die sie Malfoy aufgegeben hatte (Reinigung der Grindeloh-Tanks, ohne Zauberei), versuchten alles, um den Unterricht zu boykottieren, indem sie Anweisungen absichtlich falsch verstanden und ständig störten.
Gerade, als Pansy Parkinson Neville einen Vogel zeigte, öffnete sich die Kerkertür, und Professor Snape trat ein.
Sofort wechselte Nevilles Gesichtsfarbe in ein blaß-grün, und Harry und Ron tauschten entsetzte Blicke.
Die Slytherins jedoch brachen in Applaus und Jubel aus. “Wie schön, daß Sie wieder gesund sind, Professor!”, schleimte Malfoy, und Millicent Bulstrode flötete: “Wir haben Sie so vermißt!”
Snape grinste und trat zum Lehrerpult, wo Professor Knight-Haversham ihn lächelnd begrüßte und ihm ihre Unterrichtsaufzeichnungen der letzten Wochen gab. Sie schien sehr erfreut zu sein, ihn zu sehen, wie Harry verwundert feststellte.
Doch ihre Freude währte nicht lange, als Snape zu reden begann:
“Nun, ich bin auch froh, wieder hier zu sein. Und wie ich sehe, war es auch höchste Zeit. Mr Malfoy hat mich im Krankenflügel besucht und mir von der vorletzten Stunde berichtet. Professor, ich denke, aller Anfang ist schwer, und Sie kennen die Schüler noch nicht besonders gut. Denn sonst wüßten Sie, daß Mr Longbottom hier in seiner völligen Unfähigkeit schon sechs Kessel zum Schmelzen gebracht hat. Ich weiß nicht, wie Sie darauf kommen, Mr Malfoy für den Kessel Nummer sieben zur Verantwortung zu ziehen.”
Hermione bekam große Augen, und Neville wurde auf seinem Stuhl immer kleiner.
Malfoy, Crabbe und Goyle grinsten jedoch immer breiter, als Snape sich an sie wandte: “Die Strafarbeit müssen Sie natürlich nicht erledigen, Malfoy. Ich vermute, Professor Knight-Haversham hat etwas.. nun ja.. überreagiert.. und sie ist dem Gryffindor-Haus natürlich mehr zugetan, das hat ihre Urteilskraft wohl beeinträchtigt.”
Harry war entsetzt. Noch nie hatte Snape es gewagt, einen anderen Lehrer vor den Schülern bloßzustellen. Professor Knight-Haversham war, bis auf zahlreiche rote Flecken an ihrem Hals, leichenblaß geworden und sah einer wütenden Professor McGonagall erstaunlich ähnlich.
“Nun, Severus, ich frage mich, wessen Urteilsvermögen hier beeinträchtigt ist... Das wird ein Nachspiel haben!”, sagte sie leise in einem Ton, bei dem Harry die Nackenhaare zu Berge standen, schnappte sich ihre Tasche und rauschte aus dem Klassenraum.


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