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Kapitel 7
Unerwarteterweise gab Snape die Pflege des Werwolfs auch am folgenden Tag nicht auf, er kümmerte sich gerne um ihn und genoss insgeheim dessen Gesellschaft. Es konnte sehr einsam hier unten sein. Remus war sowohl ein angenehmer Gesprächspartner als auch ein guter Zuhörer. Nach 2 Tagen ging es Lupin wieder soweit gut, auch die Wunde an seiner Seite war recht zufriedenstellende verheilt. Sie war glücklicherweise nicht tief gewesen. Lupin borgte sich noch ein letztes Mal während seines Aufenthalts hier Kleidung von Severus. Die schwarze Robe passten ihm wie der Pyjama ebenfalls recht gut, sie hatten eine ähnliche Statur. Nur den Kragen knöpfte er nicht so hoch, es war bedrückender als eine Krawatte und diese erinnerten ihn schon vom Hinsehen an enge Halsbänder. Der Wolf in ihm knurrte dann dumpf und drehte sich unruhig im Schlaf.
Weite und abgetragene Kleidung, wie ein buschiges Fell waren eher in seiner Natur und so spürte er jetzt ein leichtes Unbehagen als er den letzten Knopf die Leiste hoch schloß. Der tief dunkle Samt war warm und weich, doch es war nicht seins. Dummerweise war Lupins normale Kleidung aber eben zerrissen und in Snapes Schlafzeug konnte er schlecht durch die Schule bis zu seinen eigenen Räumen.
Dumbledore beobachtete leicht schmunzelnd wie Lupin in einer weniger forschen Version von Snape den Aufgang hinter sich brachte und die große Treppe hoch huschte. Der Schulleiter hatte sich schon Sorgen über seinen Verbleib gemacht.
Die zwei Lehrer verkehrten nun freundlicher miteinander, wenn auch noch etwas vorsichtig. Beide hatten dem anderen gegenüber noch nicht alle Vorbehalte aufgeben können, doch sie hatten nun Frieden. Trafen sie sich am Esstisch, grüßten sie sich mit einem Kopfnicken, und wenn sie sich auf den Gängen begegneten, wechselten sie, wenn es ging, auch gerne ein paar Worte. Viel Zeit hatten sie dafür ja nicht, es galt schließlich alles in allem knapp 700 Mädchen und Jungen zu unterrichten und sie auf ihr späteres Leben vorzubereiten. Eine fordernde Tätigkeit und sehr bald fing der Unterricht wieder an.
In den Ferien kam Remus noch unregelmäßig aber recht oft Abends zu Severus herunter, um mit ihm Schach zu spielen, zu diskutieren, in seinen Büchern zu lesen oder um einfach nicht so alleine in seinem Zimmer zu sein.
Manchmal wechselten sie den ganzen Abend über nur ein paar Worte, doch es war keine unangenehme Stille, es gab dann nur keine Veranlassung etwas zu sagen. Beide fühlten sich wohl.
Die Zeit ging weiter und als der Unterricht wieder begonnen hatte, konnten die Lehrer nicht mehr soviel Zeit erübrigen, also einigten sie sich darauf, ihre Treffen nun regelmäßig Freitag Abends stattfinden zu lassen. Sie wollten beide nicht darauf verzichten. Unmerklicherweise wurden den Schülern an Freitagen bei einem gewissen Zaubertränkemeister nicht mehr so astronomisch viele Punkte abgezogen wie sonst. Sie wußten es natürlich nicht, aber es war die Vorfreude auf den Abend, die ihn ein wenig besänftigte.
Manchmal kamen Pomfrey und Lupin gemeinsam hinab in die Kerker, aber das außerplanmäßig und nicht aus Vergnügen. Wenn Severus zu einem Treffen des Dunklen Lords (Jaaaaa, ich weiß ich lese zuviel HDR, schon gut) gerufen wurde und es nicht reibungslos ablief. Als VgdK Lehrer war es an Remus genau so zu helfen wie Poppy. Manchmal waren es Flüche, manchmal eine gebrochene Rippe, und einmal hatte er ein lila bläuliches Veilchen und aufgeschürfte Fingerknöchel. Er verweigerte zwar jegliche Erklärung, aber Lupin vermutete eine Schlägerei.
Und nun war es an Lupin sich um Snapes Unpässlichkeiten zu kümmern. So wie sich auch der Zaubertränkemeister einmal im Monat für 3 Tage um ihn sorgte.
Mehr Zeit verging und es war für die Belegschaft Hogwarts recht angenehm. Severus schien seine Zähne an etwas anderem als seinem Umfeld zu wetzen und die Schüler, vor allem die Slytherins, behandelten Lupin nun viel freundlicher. Die Slytherins, weil er auf gutem Fuß mit ihrem Hauslehrer stand, und die Gryffindors, weil er es - die Götter wussten wie - geschafft hatte, den Erz-Hexer etwas zu besänftigen. Nicht dass die Gryffindors vorher nicht freundlich gewesen wären...
Irgendwann fiel Lupin auf, dass Severus seltener zum Esstisch kam. Frühstück nahm er zwar meistens ein aber nur eine große Tasse Kaffe (Ob es das war was ihn in den letzten Jahren auf den Beinen gehalten hatte?) und ein Brötchen oder alternativ ein Croissant. Und irgendwann sah Lupin aus dem Augenwinkeln, wie der altehrwürdige Zaubertränkemeister das Gebäck einfach unterm Tischtuch verschwinden ließ. Vorher hatte er es etwa eine Minute lang blicklos aber angeekelt angestarrt. Lupin lehnte sich zurück bis ihn Hagrids Silhouette vor Snape verdeckte und sah dann unter den Tisch. Bei Merlins Backenzahn, da lag das Brötchen ganz verschämt.
Später am Nachmittag während einer Freistunde fragte Remus die Hauselfen in der Küche ob sie ihm eine Auskunft geben könnten.
Kollektives diensteifriges Nicken.
~Ob sich Severus hier ab und an noch einen Snack holte.~
*Nein, Sir.*
~ Wo denn der Elf wäre, der sich meistens um das Aufräumen des Speisesaals kümmern würde.~
*Hier, Sir.*
~ Ob ihm irgendetwas ungewöhnliches beim Lehrertisch aufgefallen wäre.~
Der Elf versicherte erschrocken und hastig, dass er seine Arbeit immer gut und gewissenhaft tun würde.
Der Werwolf lächelte beruhigend, es gab nicht den geringsten Grund daran zu zweifeln. Alles war immer Pikobello.
~Nein, ob unter dem Tisch oft Essen liegen würde.~
*Unter einem Stuhl ja, aber das lag gewiss nicht am Essen, das war immer vollkommen in Ordnung. Manchmal wäre es auch unter einer Serviette versteckt.*
~Wie viel würde denn gegessen? Die Elfen schickten das Essen ja hoch und die Reste kamen ja auch wieder hier her zurück.~
*Nur bei Professor Snape?*
~Ja.~
*Nicht viel, Sir.*
Remus nickte und entschied sich Severus noch ein paar Tage zu geben wieder Vernunft anzunehmen und seine Hungerkur aufzugeben. Der Slytherin-Hauslehrer hatte ohnehin schon eine schlanke Gestalt und kein sichtbares Gramm zuviel. Sollte Snape weiterhin Jakobsmahlzeiten unterm Tisch verschwinden lassen, würde Remus ihm Pomfrey auf den Hals hetzen. Weihnachten und Silvester lag inzwischen weit hinter ihnen und Severus hatte ohnehin nicht gerade Völlerei bei Plätzchen und Gebäck betrieben. Jetzt, wo er so darüber nachdachte, hatte sich der Tränkemeister höchstens mal einen warmen Glühwein genehmigt.
Severus wurde zunehmend dünner und er auch wieder muffeliger. Sofern sich da wirklich noch etwas steigern ließ. Aber er würgte sämtlichen Diskussionen über seine Person ab, dass das niemanden etwas anginge und überhaupt sollen sich alle gefälligst um ihren eigenen Kram kümmern.
Außerdem wäre es eh ein Trugschluss, seine Kleidung sah deswegen so lapprig aus, weil er wegen der Kälte in den Kerkern immer zwei oder mehr Roben übereinander tragen würde. Das verwische seine Erscheinung. Wer sollte das glauben, aber viele interessierte es ohnehin nicht.
Kaum mehr als mit Haut überzogene Knochen wurde Snape immer dünner. Und stürzte damit seine Freunde, egal ob er sie nun so nannte oder nicht, sie empfanden sich als solche, von Sorge in Verzweiflung.
Lupin sah Severus nach einem Frühstück bei dem er sein Essen kaum angesehen hatte in der Großen Halle. Wie er so langsam die Stufen in seinen Keller hinab schlurfte, eine Hand am Geländer, um die unsicheren Schritte zu unterstützen, gab etwas in Remus nach. Enttäuschung und Sorge wurden zu Wut und Sorge. Geschmeidig lief er die Stufen hinab, hinter dem in schwarzen Samt gekleideten Schatten her. Als er so um die Ecke gesprintet kam, lief er fast in Snape hinein.
Dieser hatte sich einen Moment der Schwäche erlaubt und sich gegen die Wand gelehnt. Nun straffte er seine Gestalt wieder, bemüht sich nichts anmerken zu lassen. "Lupin?"
"Richtig. 5 Punkte für Slytherin."
Ein Schnauben in der Dunkelheit. "Ich glaube die Schüler fordern dich nicht genug. Wenn du die Zeit hast andauernd hinter mir herzulaufen wie ein Hund." Die Worte waren zugegebenermaßen nicht sehr günstig gewählt, Lupin bewegte seinen Kopf leicht und ließ dadurch seine Augen einen Teil des spärlichen Fackellichts reflektieren. Es waren für eine kurze Sekunde grün-gelbe Spiegel und Severus konnte eine kleine Reaktion nicht unterdrücken. Sein genetisches Gedächtnis erinnerte ihn nur zu bereit willig daran, was Wesen mit solchen Augen mit Wesen wie ihm tun konnten. Wenn es dunkel war. Wenn das kleine Lagerfeuer auszugehen drohte. Wenn sich die hungrigen leuchtenden Augen immer näher an den Lichtkreis schoben. 'Schluss damit! Das ist nur Lupin.'
"Laß das, Remus. Damit erschreckst du doch kein Kind mehr."
Der Werwolf lächelte grimmig. "Für dich hat es jedenfalls gereicht."
Snape erwiderte darauf nichts. Er drehte sich einfach um und ging weiter seinen Weg.
"Severus." Lupin griff den Fliehenden am Ellenbogen und drehte ihn zu sich herum. Er griff vorsichtig zu, denn irrationalerweise befürchtete er, könnte sonst etwas brechen. 'So dünn.' Severus Snape war kein Werwolf aber er hatte ein hitziges Temperament wenn er nicht gerade ätzend kalt war und so leuchteten auch seine Augen, als er zu seinem nervigen Kollegen herumwirbelte. "Was?!"
Lupin ließ ihn langsam los und sah ihn nur traurig an. "Pass auf dich auf."
Seine Arme hingen nun niedergeschlagen herab. Snape wollte sich nicht helfen lasen. Der Slytherin-Hauslehrer starrte ihn nur einen weiteren Moment lang durchdringend an, dann wurde aus "Skalpell-Schnitt" ein harmloserer "Verschwinde solange du noch kannst" und schließlich nur noch ausdruckslos, bis auf eine gewisse Müdigkeit. Ein einmaliges Nicken zeigte an, dass er die Worte gehört hatte. Aber versprochen hatte er nichts.