Von Mördern und Verrätern

 

 

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Kapitel 23: Ein Plan wird geboren

Das Chaos begann mit etwas Verzögerung am nächsten Morgen, während alle beim Frühstück sassen und, wo man auch immer hinhörte, über denn Sinn und Zweck der Warnung spekulierten. Harry entging natürlich nicht das selbstgefällige, zufriedene Grinsen auf den Gesichtern einiger Slytherins. Besonders Draco und Goyle schienen ihr Frühstück so zu geniessen wie schon seit vor Snapes Verhaftung nicht mehr. Bloss Crabbe hatte ein Gesicht aufgesetzt, das zwischen Freude und Sorge hin- und herkippte, so als ob er selbst nicht wüsste, was er empfinden sollte.

Der Rest der Schüler und auch der Lehrer schien aber sehr nervös zu sein. Sogar Dumbledore hatte während des ganzen Frühstücks ein ernstes Gesicht aufgesetzt, der Schalk, der für gewöhnlich in seinen Augen glitzerte, war seit, wie es schien, einer Ewigkeit weggewischt und dies schmerzte Harry fast genauso wie Sirius' Tod. Es war als hätte Snape es fertiggebracht, neben seinem Paten auch ein gutes Stück des Direktors umzubringen.

Die Miene Dumbledores verdüsterte sich sogar noch, als das grosse Eingangstor aufsprang und Fudge persönlich mit steifem Schritt und geradeaus gerichtetem Blick an den Schülertischen vorbeirauschte.

"Dumbledore, kann ich bitte mit Ihnen reden?"

Die Frage war dem Tonfall und Fudges saurem Gesicht nach alles andere als eine Bitte.

"Aber natürlich Cornelius", antwortete Dumbledore freundlich, den harschen Ton des Ministers vollkommen ignorierend.

Bedächtig legte er das Besteck nieder und tupfte sich mit einer Serviette in aller Seelenruhe den Mund, bevor er aufstand und um den Lehrertisch schritt, um den Minister auf dem selben Weg, den er eben gekommen war hinauszugeleiten.

Erst als die Tür hinter den beiden wieder ins Schloss gefallen war, erhoben sich die raunenden Stimmen im Saal wieder, die alle bei Fudges hereinplatzen erstorben waren. Die Schüler begannen nach und nach wieder zu essen, wobei die Gerüchteküche seit diesen zwei Minuten noch um eine gehörige Portion angereichert wurde.

"Was will denn Fudge hier?", fragte Ron neben Harry.

"Das hat sicher mit Snapes Warnung zu tun, meinst du nicht Harry?", antwortete Hermine.

"Garantiert", sagte Ron. "Snape war unbemerkt hier eingedrungen. Sie wollen bestimmt Sicherheitsmassnahmen treffen, falls er wieder hier auftaucht. Erinnert ihr euch, als sie dachten, dass Sirius Harry töten wollte, da hat das Ministerium sogar Dementoren hier postiert um ihn zu fangen."

Bevor er darüber nachdachte knurrte Harry wütend Ron an. "Vergleiche diesen Hurensohn nicht mit Sirius."

Ron errötete verlegen. "Sorry, Harry. War nicht böse gemeint."

Harry seufzte, als sich ein schuldbewusstes Gefühl in ihm ausbreitete. "Ich weiss, Ron. Tut mir auch leid dich angefahren zu haben. Es macht mich bloss verrückt, dass der Mörder meines Paten frei herumläuft und weiter tötet, während Sirius unschuldig zwölf Jahre in Askaban gesessen hatte und am Schluss anstatt einer Entschuldigung nur den Tod gekriegt hat. Es ist einfach so unfair."

Hermine legte eine Hand tröstend auf seine Schulter. "Sie werden ihn schon wieder einfangen, Harry. Hab Vertrauen."

Harry schnaubte abwertend. "In das Ministerium? Kaum. Und selbst wenn sie ihn fassen. Malfoy und Voldemort haben ihn das erste Mal auch ohne Probleme wieder herausgeholt. Sie könnten es wieder tun. Der einzige Weg Voldemort daran zu hindern, wäre der Kuss, aber das wird Dumbledore nicht zulassen. Er ist zu involviert in die Sache, durch die geheimnisvolle Verbindung, die er zu Snape hat."

Darauf schien Hermine keine Antwort zu haben, aber sie wurde gerettet durch einen Schwarm Eulen, der in diesem Moment in die Grosse Halle flatterte.

"Post!", rief sie und ein Hauch Erleichterung, dem Thema Snape entkommen zu sein, schwang in ihrer Stimme mit.

Eine mittelgrosse Schleiereule landete auch schon vor ihr auf dem Tisch und streckte ihr ein Bein mit der neuesten zusammengerollten Ausgabe des Tagespropheten entgegen. Das Tier schaffte es doch tatsächlich einen gelangweilten Ausdruck aufzusetzen und Hermine entging dies nicht. "Du siehst richtig bürokratisch aus", kicherte sie die Eule an, während sie ihr die Zeitung abnahm. Die Eule klapperte eingeschnappt klingend mit dem Schnabel, bevor sie sich wieder erhob und davon flog.

"Die Eule sah aus wie Fudge aussehen würde in Animagusgestalt", kicherte auch Ron.

"Vielleicht war er es ja? Diese Eule hat mir die Zeitung noch nie gebracht."

"Kann nicht sein. Fudge ist bei Dumbledore", widersprach Ron.

Hermine lächelte ihm zu bevor sie die Zeitung entrollte und fast sofort laut aufstöhnte. Harry lehnte sich herüber um einen Blick auf das zu werfen, was sie zu dieser Reaktion veranlasst hatte, doch Hermine zog die Zeitung schnell aus seinem Blickfeld, in einem offensichtlichen Versuch sie von ihm zu verbergen.

Harry griff wütend an ihr vorbei und riss ihr das Ding mit, wie er selber zugeben musste, unnötiger Gewalt aus den Händen. Aber im Moment war ihm das egal. Wenn sie es vor ihm verstecken wollte, stand sicher etwas drin, was ihn aufregen würde, und er liess sich nicht von Hermine wie ein kleines Kind behandeln.

Mit einem letzten finsteren Blick in Hermines Richtung, rollte er die Zeitung auf und sofort schossen ihm die fett gedruckten Schlagzeilen entgegen.

GANZE FAMILIE VERGIFTET



Harry hatte schon eine böse Vorahnung und las hastig den Abschnitt unter dem Titel.

Da stand, dass eine Muggelfamilie, zwei Erwachsene und drei Kinder gestern durch einen dunklen Zaubertrank umgebracht worden waren. Die Muggel hätten natürlich keine Ahnung und schoben es auf ein unbekanntes Gift, das die Körper entstellte und förmlich von innen nach aussen drehte, doch die Ermittler des Ministeriums hatten herausgefunden, dass es das Ergebnis eines uralten, und sehr schwer herzustellenden dunklen Zaubertrankes war.

Mehr musste Harry nicht lesen. Ihm war schlecht und er kämpfte damit, das Frühstück, das er soeben gegessen hatte, nicht wieder herzugeben. Voldemort hatte wieder einen Zaubertränkemeister und er schien auch davon Gebrauch zu machen.

"Was'n los? Du siehst nicht gut aus, Harry. Was steht in der Zeitung?"

Harry reichte das Pergament an seinen Freund, der es kurz überflog und dann leise fluchte. "Dieser schmierige, schleimige Bastard!"

Harry war so wütend, dass er am liebsten seinen Teller an die Wand geschmissen hätte. Snape tötete fröhlich vor sich hin, einem sowieso stärker werdenden Voldemort helfend, und was machte man dagegen? Nichts. Aber er würde nicht mehr mitmachen. Wenn die Erwachsenen schon nicht durchgreifen wollten, dann würde er es halt tun. Aber wie?

Er überlegte einen Moment, einige Ideen durcharbeitend und wieder verwerfend. Er musste herausfinden, wo der grosse Saal war, den er in der Vision gesehen hatte. Er hatte nicht sonderlich auf Details des Raumes geachtet, leicht abgelenkt von den Personen darin und ihren Handlungen. Und leider hatte er seine Visionen auch nicht wenn er wollte. Theoretisch könnte er eine in jedem Moment haben, oder in Jahren, oder nie. Und selbst wenn er herausfinden würde, wo die Todesser sich trafen, und wenn er das Ministerium informieren würde und diese dann auch tatsächlich Auroren dorthin schickten, war es gut möglich, dass sie den Kampf verloren oder die Todesser einfach apparierten, oder Snape gar nicht bei der Gruppe war. Und wenn sie Snape doch irgendwie schnappen würden, dann war er in Askaban nicht sicher verwahrt und konnte genauso leicht herausgeholt werden wie schon einmal. Im Endeffekt; viel zu viele Wenn's. Aber was konnte er sonst tun?

Noch immer überlegend verfolgte er den Landeanflug einer verspäteten Eule, die weiter hinten bei Neville landete und ihm einen Brief brachte. Hermines Unterhaltung mit Ron vor ein paar Minuten kam ihm wieder in den Sinn und plötzlich formte sich eine Idee in seinem Kopf.

"Sag mal Ron. Wieso findet eine Eule eigentlich immer den Menschen für den der Brief bestimmt ist?"

"Weiss nicht. Ist einfach so. Sag ihr den Namen und die Adresse und sie bringt die Post", sagte Ron, während er auf einem Stück Brot herumkaute.

"Aber wie kann eine fremde Eule in einem Raum wie diesem hier", er machte eine ausladende Handbewegung die die ganze Grosse Halle einschliessen sollte", mit hunderten von Schülern den richtigen."

"Ich weiss nicht", gab Ron zu.


Harry schaute zu Hermine, die auch die Schultern zuckte, sichtlich nicht glücklich darüber, dass sie so etwas nicht wusste.

In dem Moment ging die Eingangstür wieder auf und Dumbledore kam, verschlossen dreinblickend, herein und ging zurück an seinen Platz. Er setzte sich jedoch nicht und schaute über die Schüler. Er brauchte nicht um Aufmerksamkeit zu bitten, denn jedes Auge war sowieso gespannt auf ihn gerichtet in Erwartung von Erklärungen.

"Meine lieben Schüler", begann er. "Die gestrigen Geschehnisse haben das Ministerium sehr beunruhigt. Ein offizielles Statement wird heute noch an die Öffentlichkeit abgegeben und um der Besorgnis einiger Ihrer Eltern zuvor zu kommen, werden ab heute Auroren ununterbrochen hier Wache halten. Es wird in jeder Klasse und in jedem Gemeinschaftsraum ein Auror rund um die Uhr Wache halten und jede Klasse wird mit einem Appell gestartet." Er drehte sich zu den Lehrern um. "Auch wird eine Wache vor jedes Lehrerquartier gestellt."

Entrüstete Ausrufe wurden laut und auch einige der Lehrer waren erzürnt aufgesprungen und redeten auf den Direktor ein. Dieser hob allerdings bloss still eine Hand und obwohl er nichts sagte, legte sich ein seltsamer Druck über den Raum und jeder hörte auf zu reden, als wären ihm plötzlich die Worte ausgegangen.

"Ich verstehe, dass diese Situation sehr unangenehm ist, aber es ist die einzige Möglichkeit, dass die Schule nicht zur Sicherheit aller geschlossen wird. Ausserdem werde ich keine Dementoren mehr auf oder um das Schulgelände dulden, und dies war die einzige Alternative in die das Ministerium eingewilligt hat. Diese Sache ist nicht diskutierbar."

Mit diesen abschliessenden Worten setzte sich der Direktor wieder und das Raunen hunderter Stimmen startete von neuem.

Harry fasste sich recht schnell wieder. Diese dämlichen Auroren würden eh nichts bewirken. Das musste er schon selber tun.

"Hermine", wandte er sich wieder an das Mädchen neben sich. "Denkst du es ist möglich eine Eule auf einen Menschen anzusetzen, so dass sie ihn findet, auch wenn man keine Adresse hat?"

Hermine wirkte sehr skeptisch. "Ich weiss nicht, sollte eigentlich kein Problem sein. Ich müsste erst einiges nachlesen. Wieso? Auf wen willst du sie denn ansetzen, und warum?"

Harry lächelte unheilverkündend. "Auf Snape. Ich will ihm einen kleinen Brief schreiben." 'Und wenn alles so läuft wie ich es mir vorstelle', dachte er, 'dann wird sich Snape wünschen nie aus Askaban ausgebrochen zu sein.'


 

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