O my soul

 

 

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Kapitel 8: Stärke und Schwäche


Dracos ohnehin blasses Gesicht wurde beinahe durchscheinend. "Professor", sagte er, dann schnappte sein Mund zu.

"Ich hole Madame Pomfrey", sagte Hermine und stürzte aus der Tür.

Währenddessen war der Zaubertrankmeister rückwärts in eine Ecke gestolpert und hielt seine Arme ausgestreckt vor sich, so als versuchte er, etwas abzuwehren. Schweiß rann ihm über das Gesicht, und seine Augen waren weit.

"Was sollen wir tun?" fragte Ron Harry. "Er sieht aus als ob-"

"Es ist das was er sagte, dass passieren würde. Ich meine, er halluziniert."

"K-kommt mir nicht zu nahe!" sagte Severus, seine Stimme ein heiseres Flüstern. "Bleibt weg ... b-bleibt weg!"

Ein paar Slytherins traten näher auf ihn zu, aber zögerten als er erneut sagte: "Bleibt weg!"

"Er sagte, dass es nicht lange dauern würde, bis der Gegentrank greift", erinnerte Harry, während er sich an den Tischenden festkrallte.

"Außer Malfoy hat ihn verpfuscht."

Draco schoss herum und fauchte: "Ich hab ihn nicht verpfuscht, Schneckenbrut!"

Dann rutschte der Zaubertrankmeister die Wand hinab und blieb keuchend am Boden sitzen. Er blinzelte, aber seine Augen waren noch immer verschwommen und ohne Erkennen.

Draco schubste die Slytherins beiseite, die ihm im Weg standen und hockte sich vor Snape hin. "Sir ... können Sie mich hören?"

Sein Hausvorstand nickte, obwohl er noch immer offensichtlich benommen war. "Zaubertrank ... in Ordnung. Gebt mir ... einen Moment."

"Goyle, hol mir ein Glas Wasser", befahl Draco und schnippte mit den Fingern.

Der schwerfällige Junge gehorchte und reichte es ihm.

Snape schwitzte stark, aber sein Atem wurde ruhiger. Mit zitternden Händen fummelte er in seiner Robe nach einem Taschentuch und wischte sich das Gesicht ab. "Der Trank kann ... diesen Nebeneffekt haben."

"Trinken Sie ein wenig Wasser, Professor", sagte Malfoy.

"Sag mir zuerst, Draco ... Du hattest nichts mit dem zu tun, was gestern passiert ist."

Angespannte Sekunden vergingen. "Nein, Sir. Ich -"
"Bist du sicher."

Dracos Kiefer spannte sich. Dann sagte er in einem Flüstern: "Warum haben Sie sich diesem Muggelkult angeschlossen, Professor? Sie sind ein Slytherin, und Sie unterwerfen sich irgendeinem schwachen-"

"Komm in mein Büro, wenn du bereit bist, es mir zu sagen."

"Ich war es nicht, Sir, aber ..." Er flüsterte dem Professor ins Ohr. "Ich - ich wusste, dass etwas passieren würde. Als mein Vater es herausfand, erzählte er es dem Dunklen Lord, der sagte, dass er Sie durch das Dunkle Mal nicht mehr erreichen konnte."

Der Meister umfasste Dracos Wangen; der Junge war so verblüfft, dass er erstarrte.

"Ich weiß mit welchen Sachen du vertraut bist", sagte Severus. "Du hast mich gefragt, warum ich diesem - wie du es nanntest - Muggelkult beigetreten bin. Nun, lass es mich dir zeigen."

Er rollte seinen Ärmel hoch.

Draco keuchte. "Es ist - "

"Deine Augen trügen dich nicht. Ich trage das Mal nicht länger."

Gedämpfte Ausrufe waren zu hören. Dann schrie ein Gryffindor: "Todesser!" und zog seinen Zauberstab.

"Warte, er ist keiner von ihnen!" sagte Harry, aber mehr Schüler zogen ihre Zauberstäbe; einige richteten sie gegeneinander, einige auf Snape.

In diesem Moment betraten Madame Pomfrey und Hermine das Klassenzimmer.

"Was um alles in der Welt geht hier vor?" rief Pomfrey und zog ihren eigenen Zauberstab. "Hermine, hol den Direktor!"

Hermine, mit ängstlichen Gesichtzügen, eilte erneut aus der Klasse.

"Ihr werdet nun alle eure Zauberstäbe heruntergeben!" sagte die Medihexe und richtete ihren eigenen Stab auf die Schüler.

Mittlerweile war der Zaubertrankmeister auf die Füße gekommen und sagte mit lauter Stimme: "Genug!"

Alle Augen richteten sich auf ihn.

"Ich werde meinen Zauberstab auf den Tisch legen." Nachdem er dies vorsichtig gemacht hatte, zeigte er seinen nackten Unterarm und sagte: "Ich bin nicht taub gegenüber den Gerüchten, die in Hogwarts grassieren. Wie viele von euch vermuteten, war ich ein Todesser. Doch bevor der Dunkle Lord besiegt wurde, wechselte ich die Seiten und wurde ein Spion für Direktor Dumbledore. Letztes Jahr wurde ich von den Todessern beinahe getötet, oder besser gesagt, hingerichtet; sie hatten auf Befehl meines ehemaligen Meisters gehandelt. Man könnte sagen, ich lebe mit geliehener Zeit."
Schließlich sagte der Gryffindor, der als erster den Zauberstab gegen ihn erhoben hatte: "Sie lügen."

"Schau dir seinen Arm an, du Idiot", schnaubte Harry. "Wie kann er noch immer ein Todesser sein, wenn er das Dunkle Mal nicht hat?"

"Es ist - es ist ein Trick."

"Nein, Mister Whitehall. Mir wurde eine große Gnade zuteil."

"Was immer es auch war, Sie haben es nicht verdient."

"Ich befehle euch, sofort eure Zauberstäbe zu senken", sagte Pomfrey. "Und das gilt für euch alle!"

"Poppy, lassen Sie mich das erledigen", sagte Severus. Er ging auf seinen jungen Ankläger zu, dessen Finger sich enger um seinen Zauberstab schlossen. "Mister Whitehall. Ihr Onkel und ihre Tante wurden von Todessern getötet, nicht wahr?"

"Ja", stieß der Angesprochene hervor.

Der Zaubertrankmeister blieb zwei Schritte vor ihm stehen und wich auch nicht zurück, als die Spitze des Zauberstabes seine Brust berührte. "Ich konnte sie nicht schützen."

"Sie machen mich krank", sagte Whitehall. "Machen hier auf netter Typ, Sie Monster -"

Severus sank auf die Knie; die Worte des Jungen erstarben in seiner Kehle.

"Jeremy, mein Bruder, vergib mir, einem Sünder", sagte Severus und warf sich vor dem entgeisterten Gryffindor zu Boden.

Niemand bewegte sich; niemand konnte glauben, was er sah. Augenblicke später senkten die ersten ihre Zauberstäbe und steckten sie zurück in die Ärmel, außer Whitehall, der zu schockiert schien, um irgendetwas zu tun.

Dumbledore stürzte in das Klassenzimmer, begleitet von Hermine und Vater Nikolski.

"Albus, Gott sei Dank sind Sie hier", rief Pomfrey.

Der Direktor sah Severus vor einem seiner Schüler knien, die Stirn gegen den Boden gedrückt; der Arm des Gryffindors hing schlaff an dessen Seite, den Zauberstab noch immer umklammernd.

"Poppy?" fragte Dumbledore.

"Ich habe keine Ahnung, was passiert ist. Kam hier rein und es sah aus, als würde ein Krieg ausbrechen."

Der Priester blickte auf Severus und sagte: "Vielleicht sollte die Stunde beendet werden, Direktor."

Dumbledore nickte. "Kommt, Kinder. Geht in eure Gemeinschaftsräume, bis es Zeit zum Abendessen ist."

Die Schüler nahmen leise ihre Bücher und Kessel und schlichen an ihrem Zaubertranklehrer vorbei hinaus. Der Direktor legte einen Arm um Whitehalls Schultern. "Magst du Zitronenbonbons?" fragte er und führte ihn aus dem Klassenzimmer.

Pomfrey stand unschlüssig an der Tür; Vater Nikolski sagte: "Es wird ihm gleich besser gehen, ich habe die notwendige Medizin."

"Ich würde es sehr schätzen, wenn Sie ihn trotzdem in den Krankenflügel bringen würden, Vater. Nur so kann ich ihn kurz untersuchen."

"Natürlich. Wie Sie wünschen."

Dies stellte die Medihexe zufrieden, und auch sie verließ den Raum.

Vater Nikolski ging zu Snape. "Erhebe dich, Severus."

"Vater ..." Es war eine Klage.

"Kind, ich glaube es wäre das Beste, wenn du dein Geheimnis preisgeben würdest."

Severus hob jäh den Kopf und sah den Priester mit geröteten, klagenden Augen an. "Warum? Sie haben zugestimmt, dass ich -"

Vater Nikolski legte eine sanfte Hand auf Severus´ Schulter. "Was ist die wichtigste Tugend eines Mönchs?"

Severus senkte den Kopf wieder. "Gehorsam, Vater. Aber ..."

"Ich weiß, dein Wunsch war es, diese Arbeit dem Herrn im Geheimen anzubieten, aber ich bin der Meinung, dass es deinen Schülern helfen würde, wenn du ihnen ein sichtbares Zeichen deines neuen Leben gäbest. Es würde ihre Verwirrung erleichtern, stimmst du mir zu? Und auch, mein Kind, wäre es dir von Nutzen, eine Erinnerung, dass Vergangenes hinter dir liegt, und du nach vorne blicken musst. Es wird dir seelische Kraft geben und dich dazu bringen, die Perfektion noch mehr anzustreben."

Severus dachte an Draco, an all die Kinder. Wie sonst konnte er ihr Vertrauen erlangen, als sich ihnen zu öffnen, ihnen zu beweisen, dass er ohne den Anflug eines Zweifels nicht mehr der Mann war, der er einst gewesen war? Wie konnten sie ihm vertrauen, wenn er Dinge geheimhielt, so, wie er es immer getan hatte? Es musste aufhören, jetzt. Doch er hatte auch Angst ... und wusste nicht, wovor.

Davor, für schwach gehalten zu werden.

Gott hat die schwachen Dinge dieser Welt gewählt, um die mächtigen Dinge zu beschämen, und die grundlegenden Dinge der Welt und die Dinge, die verachtet werden hat Gott gewählt.

Davor, zu versagen.

Meine Gnade ist ausreichend für dich, denn Meine Stärke entspringt aus der Schwäche.

"Wann", sagte er.

"So bald wie möglich."

"Ja, Vater."

"Gut, gut. Als Erstes werden wir zu Ihrer Madam Pomfrey gehen."

Severus stöhnte leise.

"Danach werden wir beten. Und ich möchte, dass du mir alles erzählst, was hier heute passiert ist."

Ein Bild tauchte in Severus Geist auf, und er versteifte sich.


 

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