Die Schwarze Rose - Kapitel 1: Die Ankunft

 

 

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Kapitel 10: Das Geständnis

 

Erzählt von Muriel Stern 

Als ich mich zu Professor Dumbledore umdrehte, war dieser bereits wieder an Severus's Seite und tupfte ihm den Schweiss von der Stirn. Wie konnte er nur so ruhig und gelassen sein, wenn einer seiner Lehrer ein Todesser war? 
"Direktor!" sagte ich etwas schärfer, als beabsichtigt. "Wie können Sie nur!" 
Dumbledore drehte sich überrascht um. "Wie kann ich was?" 
Mit einer Handbewegung deutete ich auf Severus. "Er! Er ist ein verdammter Todesser!" zischte ich. 
"Muriel, sie verstehen nicht-" 
Augenblicklich fiel ich Dumbledore ins Wort. "Verkaufen Sie mich nicht für Dumm! Ich habe vorhin das dunkle Mal auf seinem Arm gesehen! Ebenso die Wunde am linken Bein! Er ist der Todesser, den sie gestern Nacht nicht erwischt haben!" Ich konnte meinen Zorn nicht mehr zügeln und schrie jetzt. 
"Ja, das kann ich nicht leugnen," erwiderte Dumbledore ruhig. 
"Sie decken einen Todesser! Sie gewähren ihm willentlich Zuflucht! Das ist ein schweres Vergehen! Es tut mir leid Direktor, aber ich muss das Ministerium darüber in Kenntnis setzen! Sie verstoßen gegen eines der wichtigsten Zaubereigesetze!" ärgerlich wandte ich mich ab und wollte gehen. Ich fand es ungeheuerlich, dass Professor Dumbledore so etwas tat. So einem Mann hatte man die Leitung dieser hochangesehenen Schule überlassen? 
"Muriel-" sagte Dumbledore, doch ich schnitt ihm abermals das Wort ab. 
"Ich werde dem Ministerium eine Eule schicken! Noch heute Nacht werden Sie diesen dreckigen Todesser abholen! Sie werden ihn nach Askaban stecken, damit er dort verrotten kann! Dafür werde ich sorgen!" Schnaubend vor Wut drehte ich mich um und ging durch die Tür. 
"Muriel! Stopp!" rief mir Dumbledore nach und verschloss mit einem Wink seines Zauberstabs die Tür, die vom Büro in den Korridor führte. Alles daran rütteln nutzte nichts. "Kommen Sie her und setzen Sie sich!" sagte er ungewohnt scharf. Er bemerkte mein Zögern und fügte ein sanftes "Bitte," hinzu. 
Widerwillig drehte ich mich um, ging langsam zu Dumbledore hinüber und setzte mich in den Sessel am Kamin, den er mir zugewiesen hatte. Er hob kurz seinen Zauberstab, murmelte "Ignis!" und augenblicklich prasselte ein gemütliches Feuer im bisher kalten Kamin. 
"Ich höre!" Mit vor Zorn funkelnden Augen starrte ich ihn an. Demonstrativ lehnte ich mich nach hinten und verschränkte die Arme vor der Brust. 
Genervt wartete ich, bis sich Dumbledore im anderen Sessel niedergelassen hatte. 
"Muriel," sagte er ernst. "Es ist wichtig, dass Sie mir jetzt gut zuhören." 

Erzählt von Albus Dumbledore

Die Probleme wollten kein Ende mehr nehmen. Es schien wie verhext zu sein. Severus kam schwer verletzt von dem Treffen mit Voldemort zurück und musste unbedingt Muriel in die Arme laufen. Klar, er konnte nichts dafür. Sie hatte hier unten auf ihn gewartet. Es war ein dummer Zufall. Der jetzt aber Folgen hatte.
Muriel hatte das dunkle Mal auf seinem rechten Unterarm entdeckt und sofort ist die Aurorin in ihr erwacht. Ich machte mir Vorwürfe, warum ich sie nicht eher eingeweiht hatte. Es war unverantwortlich gewesen so lange zu warten. Aber wer schiebt unangenehme Situationen nicht immer wieder vor sich her? Jetzt war es zu spät, um es zu bereuen. Ich konnte nur noch versuchen zu retten, was noch zu retten war.
"Muriel, es ist nicht so, wie sie jetzt denken." 
Sie öffnete den Mund um eine Bemerkung los zu werden, aber mit einer Handbewegung gebot ich ihr Einhalt. 
"Severus arbeitet für mich. Nicht nur als Lehrer, nein. Er ist als Spion gegen Voldemort tätig. Er liefert uns unter Lebensgefahr wichtige Informationen." 
Muriel sah mich ungläubig an. "Spion gegen Voldemort?" 
"Ich möchte, dass sie folgendes verstehen: Severus war immer schon ein Aussenseiter gewesen. Vom ersten Tag an, als er hier in Hogwarts zur Schule ging. Er war intelligent und seinen Mitschülern in den meisten Fächern um Längen voraus. Er interessierte sich sehr für die dunklen Künste und seine Begabung in Zaubertränke war recht schnell erkennbar. Severus konnte sich aber nie richtig integrieren. Die meisten seiner "Freunde" belagerten ihn, wenn sie etwas von ihm wollten. Sei es Hilfe bei den Hausaufgaben, oder wenn sie einen Zaubertrank haben wollten. Ja, schon damals wurden seine Zaubertränke sehr geschätzt. Aber wenn Severus Probleme hatte, war keiner mehr da. Niemand der ihm zuhörte oder für ihn einstand. Oftmals trieben sie ihre Späße mit ihm oder haben ihn verprügelt." Mit einer knappen Bewegung meines Zauberstabs, erschienen zwei Tassen Tee auf dem kleinen Beistelltisch zwischen den zwei Sesseln. Ich nahm mir eine Tasse und warf ein Stückchen Zucker hinein. 
"Warum erzählen Sie mir das?" fragte Muriel stirnrunzelnd. 
"Sie sollen verstehen, warum Severus ein Todesser wurde," erwiderte ich ohne Umschweife und sah ihr fest in die Augen. 
Muriel lehnte sich nach hinten und rieb sich mit den Händen über das Gesicht. "Sie glauben tatsächlich, Direktor, dass Sie mir mit ein paar rührseligen Geschichten aus seiner Kindheit begreiflich machen können, warum er es vorzog ein Lügner, Verbrecher und nicht zu vergessen ein eiskalter Killer zu werden? Ein Mitglied dieser Mörderbande, die ohne Gewissenbisse Männer, Frauen und Kinder auf grausamste Weise foltert, misshandelt und tötet? Es macht diesen Dreckskerlen Spass, Menschen bis aufs Blut zu quälen und sie dann einen langsamen grauenvollen Tod sterben zu lassen! All dies soll damit entschuldigt werden, dass er eine schwierige Kindheit hatte?" Muriel's Augen funkelten zornig. 
In diesem Moment drang ein leises Stöhnen vom Schlafzimmer herüber. 

Erzählt von Severus Snape

Ich lag auf dem kalten Steinboden in einem der verlassenen Kerker von Hogwarts. Mein Kopf schmerzte fürchterlich und mein Herz raste. Ich blickte hoch und sah wie sich der Kreis der Slytherins um mich herum immer enger zog. Mit der Hand wischte ich mir rasch das Blut aus meinem Mundwinkel. Drohend ballten sie ihre Fäuste. 
Mit jeder Faser meines Herzens wünschte ich mir, irgendwo sonst auf dieser Welt zu sein, bloss nicht hier. Plötzlich griffen einige Hände nach mir und rissen mich auf die Beine. Böse grinsend schubsten sie mich durch den Kreis. Ich versuchte mich zu wehren, mich loszureißen, aber vergeblich. Es waren zu viele. Einige waren Sechstklässler, wie ich. Die meisten waren Siebtklässler. Ein paar davon hatten sich bereits dem dunklen Lord angeschlossen. 
Avery, ein Slytherin der bereits ein Todesser war, zog seinen Zauberstab und richtete ihn auf mich. Ein leuchtend gelber Lichtstrahl schoss auf mich zu und traf mich unvermittelt. Die Gewalt des Zaubers riss mich von den Beinen und schleuderte mich mit voller Wucht gegen die Wand. Die Luft entwich aus meinen Lungen und ich ging zu Boden. Die Slytherins lachten und wie eine Meute hungriger Wölfe traten sie Alle wieder näher. 
Plötzlich rief eine kalte Stimme: "Halt! Überlasst ihn mir!" 
Sofort öffnete sich der Kreis zu einer Seite hin und ein schlanker, strohblonder Junge trat in die Mitte. Seine blassblauen Augen schienen aus purem Eis zu sein. Die Kälte, die von ihm ausging, war fast körperlich spürbar. Die Slytherins traten ehrfürchtig vor ihm zurück; denn es war er: Lucius Malfoy. 
"Steh auf Severus," sagte er heuchlerisch sanft. "Ich möchte mich mit Dir unterhalten." Danach wandte er sich an die Slytherins. "Habt Ihr nicht noch etwas zu tun? Geht. Lasst uns allein." 
Leise murrend verließen die Slytherins langsam den ungemütlichen, kalten Kerker. Die meisten der Fackeln nahmen sie mit. Zwei Slytherins waren links und rechts neben der Tür stehen geblieben. Es waren die selben, die sich immer in Malfoy's Nähe aufhielten. Beide hielten eine Fackel, ansonsten war der Raum jetzt dunkel. 
Lucius beobachtete mich, als ich mich mühsam erhob. Langsam und berechnend kam er auf mich zu. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Lucius war ein Siebtklässler und seit einem Jahr ein Todesser. Ich kannte ihn lange genug, um zu wissen, zu was er fähig war. 
"Also, Snape. Ich werde Dir nun einen Vorschlag unterbreiten," hinterlistig glitzerten seine unerbittlichen, kalten Augen. "Der dunkle Lord, könnte jemanden wie Dich gebrauchen. Du bist ihm aufgefallen. Dein Talent im brauen von sagen wir mal, etwas speziellen Zaubertränken, hat sich herumgesprochen." Mit einem seltsamen Lächeln auf den Lippen blickte er mich an. 
Meine Befürchtungen waren wahr geworden. Ich hatte mit dem Feuer gespielt und verloren. Den Trank, den Malfoy vor einem Monat von mir verlangt hatte, hätte ich ihm nie brauen sollen. Ich verfluchte mich, dass ich es getan hatte. Doch nun war es zu spät. Mein Herz schlug so laut, dass ich mir sicher war, dass Malfoy es hören musste. 
"Nun," fuhr er leise, aber mit einer unüberhörbaren Schärfe in seiner Stimme fort, "der dunkle Lord erwartet Dich morgen Abend. Ich werde Dich persönlich zu ihm bringen und Du wirst Dich ihm freiwillig anschließen." 
Lucius schien mein Zögern und meinen Widerwillen zu spüren. Er trat noch einen Schritt näher, so dass uns nur noch wenige Zentimeter trennten. Die eine Hand legte er an die kalte Kerkermauer hinter mir, die Andere hatte er lässig in die Hüfte gestemmt. Er lehnte sich nach vorne und flüsterte mir ins Ohr. 
"Severus, wenn Du Dich freiwillig dem dunklen Lord anschließt, werde ich dafür sorgen, dass sie Dich in Ruhe lassen...... Sie werden sich nicht mehr getrauen, Dich anzufassen oder Dich zu verspotten....... Sie werden Dich mit Respekt behandeln. Ist es nicht das, was Du Dir schon so lange wünschst?" Seine Stimme klang fast freundschaftlich. 
Ich hoffte, dass er mein Zittern nicht bemerken würde. Das würde die ganze Situation nur noch schlimmer machen. Ich schluckte schwer. Mein Hass gegen Lucius wurde noch größer. Er wusste, dass ich mir nichts sehnlicher wünschte, als in Ruhe gelassen zu werden. Doch war der Preis nicht zu hoch? 
"Wenn Du es nicht tust, erlebst Du die Hölle auf Erden. Dies sei Dir gesagt," zischte er gefährlich. "Damit Du Dir vorstellen kannst, wie das sein könnte, werde ich Dir gerne eine kleine Kostprobe davon geben." 
Auf ein Zeichen von ihm kamen die beiden Slytherins, die bis jetzt bei der Türe gestanden hatten, herüber. Grob packten sie mich links und rechts an den Armen und hielten mich fest. Lucius zerriss die Vorderseite meiner Robe, so dass meine Brust zum Vorschein kam. Mein Atem raste, meine Gedanken überschlugen sich. Panik stieg in mir auf, als er sich eine Fackel griff und sich mir näherte.... 
Ich schrie......... 

Erzählt von Muriel Stern

Dumbledore hielt inne und lauschte. Es war still im Nebenraum, also fuhr er mit seinen Ausführungen fort. 
"Lucius Malfoy hat ihn damals, als sie Beide noch hier in Hogwarts zur Schule gingen dazu gezwungen, ein Todesser zu werden." Er nahm wieder einen Schluck aus seiner Tasse. 
"Ach, kommen Sie Direktor. Das glauben Sie doch selbst nicht. Nein, niemals. Lucius Malfoy ist ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft," warf ich ein. "Er pflegt gute Beziehungen mit dem Ministerium. Lucius Malfoy war nur kurze Zeit ein Todesser. Er ist beim Prozess freigesprochen worden. Lord Voldemort hatte ihn mit dem Imperius-Fluch belegt. Dies ist eine bewiesene Tatsache. Sie wissen genauso gut wie ich, dass der Imperius-Fluch nicht über Jahre aufrecht erhalten werden kann." 
Langsam aber sicher wurde ich ungeduldig. Wieviele Lügengeschichten wollte mir Dumbledore noch auftischen? 
"Wenn Lucius Malfoy das, was sie da eben behauptet haben, getan haben sollte, mit was hätte er denn Severus zwingen können ein Mitglied dieser Mörderbande zu werden? Können Sie mir das verraten?" 
Als ich in sein ernstes Gesicht sah und über das, was ich gerade gesagt hatte nachdachte, kamen mir plötzlich Zweifel. Kinder konnten grausam sein und was ein Sechzehn/Siebzehnjähriger Todesser ausrichten konnte, war mir als Aurorin bestens bekannt. 
"Muriel, mit was er ihn gefügig machte, ihn dazu zwingen konnte Lord Voldemort die Treue zu schwören, weis ich nicht. Severus hat es mir nie gesagt. Was mir aber auffiel war, das er plötzlich von seinen Slytherinkameraden nicht mehr als Zielscheibe benutzt wurde. Die grausamen Streiche, die sie ihm bis dahin immer wieder gespielt hatten, hörten auf. Er war damals in der sechsten Klasse. Als er vor vielen Jahren wieder auf die "gute Seite" zurück gefunden hatte, versicherte er mir, dass Malfoy ihn dazu gezwungen hatte. Er-" 
Ein langer, furchtbarer Schrei unterbrach unser Gespräch. Dumbledore sprang aus dem Sessel und eilte ins Schlafzimmer. Ich folgte ihm. Severus hatte die Hände in die Bettdecke gekrallt und Schweiss stand auf seiner blassen Stirn. Unruhig wälzte er sich im Bett hin und her. Er murmelte etwas unverständliches vor sich hin. Nur ein paar wenige Worte konnte ich verstehen: "Nein....... ich..... bitte aufhören......... genug......... ich......ich tue es.........bitte......." 
Dumbledore strich ihm beruhigend mit der Hand über die Stirn und flüsterte ihm zu, dass alles gut werden würde. Mich beschlich ein schlechtes Gewissen. Was hatte mir Severus getan, dass ich so schlecht von ihm dachte, ihn sofort verurteilte, ohne seinen Standpunkt gehört zu haben? Ich erkannte mich nicht mehr. Früher war ich niemals so gewesen. Ich hatte mich für die Gefühle anderer Menschen interessiert. Hatte gegen Ungerechtigkeit und Widrigkeit gekämpft. Aber als Aurorin hatte ich immer mehr angefangen, nur das Schlechte im Menschen zu sehen, sofort Urteile zu fällen. Aber was gab mir überhaupt das Recht dazu? 
Severus beruhigte sich langsam, er wachte jedoch nicht auf. Dumbledore blickte zu mir hoch. 
"Ich denke, für heute Nacht haben wir genug geredet. Gehen Sie schlafen, ich werde bei ihm bleiben. Er braucht jetzt jemanden." Mit einem Wink seines Zauberstabs entriegelte er die Tür zum Korridor und wandte sich wieder Severus zu. 
"Direktor, ich...." Mit einer Handbewegung bedeutete er mir, zu schweigen. 
"Muriel, das Einzige, worum ich Sie bitte ist, dass Sie über das was ich Ihnen gesagt habe, nachdenken. Kommen Sie, wenn sie gründlich darüber nachgedacht haben, wieder zu mir. Versprechen Sie mir, vorher nichts zu unternehmen. Sie werden das Ministerium nicht benachrichtigen." Eindringend sah er mich an. 
Ich nickte, blickte nochmals auf Severus's bleiche Gestalt und ging hinaus. Gedankenverloren schritt ich die Treppen hinauf. Was sollte ich nun tun? Sollte ich überhaupt etwas tun? Konnte ich Dumbledore vertrauen, oder war er nur ein bereits seniler und absolut gutgläubiger, alter Schulleiter? Vielleicht sollte ich trotzdem das Ministerium benachrichtigen. Schlussendlich war ich doch immer noch eine Aurorin. Ich erreichte die Tür meiner Gemächer und trat ein. 
Auf dem Fenstersims sass meine Eule Almirena. Ich ging zu ihr hin und lehnte mich gegen den Fensterrahmen. Sanft strich ich über ihre schwarz glänzenden Federn. "Almirena, meine Süsse. Vielleicht werde ich Dich heute Abend noch auf eine Reise schicken müssen. Vielleicht......" Ich hob meinen Kopf und blickte hinaus in die sternklare Nacht. 




 

Kapitel 9

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