Die Schwarze Rose - Kapitel 1: Die Ankunft

 

 

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Kapitel 11: Muriels Entscheidung

 


Erzählt von Severus Snape 

Mein ganzer Körper schmerzte. Mir war heiß, ich schien innerlich zu verbrennen. Unruhig warf ich meinen Kopf hin und her. Ich konnte nicht still liegen. Der Schmerz und die Hitze raubten mir fast den Verstand. Meine Kehle fühlte sich rau und trocken an.
Auf einmal durchfuhr mich ein schrecklicher Gedanke. Wo war ich? Ich wusste es nicht. Eine kühle Hand legte sich auf meine Stirn. Jemand murmelte leise Worte, die ich aber nicht verstehen konnte. Ein schweres Gewicht wurde von meiner Brust gehoben und ich fühlte, wie zwei starke Hände eine kühle Flüssigkeit auf meinem Körper verteilten und sanft einmassierten. Ich wollte den Kopf heben, die Augen öffnen, aber alle Bemühungen waren vergeblich. Dann plötzlich wurde mein Kopf etwas angehoben und ein Becher wurde an meine Lippen geführt. Leicht öffnete ich den Mund und fühlte alsbald die kühle Flüssigkeit wohltuend meine trockene Kehle benetzen. Gierig nach dem kalten Saft, versuchte ich mehr davon zu trinken, was ein Fehler war. Ich verschluckte mich sofort und musste husten.
"Nicht so schnell, Severus. Langsam," hörte ich eine vertraute Stimme flüstern.
Vorsichtig trank ich noch einen kleinen Schluck, dann sank mein Kopf auf das Kissen zurück. Und wieder glitt ich in die dunklen Tiefen eines Fiebertraums, hilflos meinen Dämonen ausgeliefert.

Erzählt von Muriel Stern

Lange wälzte ich mich in dieser Nacht in meinem Bett hin und her. Vergeblich versuchte ich Schlaf zu finden, obschon ich im Grunde genommen müde war. Die Ereignisse dieses Abends ließen mich nicht los.
Ich fragte mich bereits zum hundertsten Mal, warum ich überhaupt darüber nachdachte, ob ich einen Todesser dem Ministerium ausliefern sollte oder nicht. Noch vor drei Monaten hätte ich nicht einen Gedanken daran verschwendet. Ich hätte ihn sofort festnehmen lassen. Aber jetzt?
Genervt drehte ich mich wieder auf die andere Seite, schloss meine Augen und versuchte mich zu entspannen.
Nach einigen Minuten gab ich auf. Ich brauchte dringend Schlaf, denn in wenigen Stunden begann bereits wieder der Unterricht. Also stand ich auf und ging hinüber zum Schreibtisch. Ich zog die oberste Schublade heraus, griff nach der kleinen Flasche violetter Flüssigkeit, entfernte den Korken und hob sie an die Lippen. Doch noch ehe ich davon trank, erinnerte ich mich daran, wer mir diesen Trank gegeben hatte. Ich stellte ihn zurück auf den Tisch. Verzweifelt ließ ich mich auf den Stuhl fallen und fuhr mir mit den Händen durch die Haare. Ich atmete tief durch. Er war es gewesen. Severus hatte mir diesen Trank gegeben, als ich am Ende war, nicht mehr schlafen konnte. Er hatte mir geduldig zugehört und mir geholfen. Dank diesem Trank hatte ich meine Alpträume einigermaßen im Griff. Ich konnte endlich die Nächte wieder durchschlafen, ohne mitten in der Nacht schweißgebadet aufzuwachen.
Langsam steckte ich den Korken wieder in die Flasche, stand auf und warf mir den Umhang über. Ich musste raus. Raus an die frische Luft, um nachzudenken. Um nichts in der Welt konnte ich noch eine Sekunde länger in diesem Zimmer bleiben. Die schweren Steinmauern schienen mich zu erdrücken. Ich eilte hinaus, wohin war mir egal, nur raus.
Ein wenig später... 
Atemlos blieb ich stehen und lehnte mich an einen Baum. Ich schloss die Augen um meinen Atem zu beruhigen. Einige Minuten verweilte ich so, bis ich die Augen öffnete und mir plötzlich bewusst wurde, wohin ich gegangen war.
Vor mir glitzerte schwarz das Wasser des Sees. Der Vollmond tauchte alles in sein sanftes, silbernes Licht. Sogar die Sterne schienen sich in der glatten Wasseroberfläche zu spiegeln. Kein Grashalm bewegte sich. Die dürren Blätter, die von den Bäumen heruntergefallen waren lagen still im Gras. Kein Lüftchen wehte, nichts. Ich runzelte die Stirn. Dies war sehr untypisch für diese Jahreszeit. Es war die Nacht auf Allerheiligen und bekanntlich mitten im Herbst. Es schien, als ob die ganze Welt den Atem anhielt. Als wenn sie gespannt darauf warten würde, wie ich mich wohl entschied. Ob ich den Mann, den ich von ganzem Herzen liebte, der immer für mich da gewesen war als ich ihn brauchte, verriet oder ob ich für ihn, meine Pflichten als Aurorin vergessen würde.
Verzweifelt ließ ich mich ins Gras gleiten, lehnte mich mit dem Rücken gegen den Baum und schloss die Augen.
Hier an dieser Stelle war es gewesen, wo wir uns an meinem ersten Morgen in Hogwarts getroffen hatten. Genau an dieser Stelle hatte er vermutlich die ganze Nacht gesessen, bis ich kam und ihn störte. Er hatte damals seinen Zauberstab gezogen und ihn spielerisch auf mich gerichtet. Ich hatte die Nerven verloren und war ohnmächtig geworden. Als ich damals wieder zu mir kam, kniete er neben mir. Ich blickte in seine schwarzen Augen und verlor mich in deren Tiefe. Er hatte mich tröstend in den Armen gehalten, während ich meinen Gefühlen freien Lauf gelassen und mir den Kummer von der Seele geweint hatte. Ohne irgendwelche Fragen zu stellen, war er einfach für mich da gewesen.
Später dann, als ich abends zu ihm hinunter gegangen war, hatte er ohne wenn und aber meinen Erzählungen gelauscht. Ich hatte ihm von meinen Alpträumen erzählt, von meiner Angst einzuschlafen und er gab mir diesen Schlaftrank. Als ich diesen Trank nahm und endlich wieder einmal eine Nacht durchschlafen konnte, war ich ihm so dankbar gewesen.
Langsam öffnete ich die Augen und starrte auf die glatte Oberfläche des Sees. Irgendwo in der Nähe hörte ich eine Eule rufen.
Ich erinnerte mich an den Abend auf dem Astronomieturm. Es war auch eine wunderschön klare Nacht wie heute gewesen. Ich war extra hochgestiegen um mir die Sterne anzusehen. Plötzlich war er auf der Plattform aufgetaucht. Severus. Erschöpft war er am Geländer stehen geblieben und hatte den Kopf in den Nacken gelegt. Er wirkte so allein und einsam, wie ich mich in dem Moment auch gefühlt hatte. Im nachhinein war mir auch klar, warum er an diesem Abend auf den Astronomieturm geflüchtet war. Er kehrte damals von einem Todessertreffen zurück.
Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Noch immer konnte ich mir Severus nur schwer unter diesen Bestien vorstellen.
Dumbledore hatte mir erklärt, Severus arbeite als Spion. Wenn das wirklich der Wahrheit entsprach, riskierte er jedes Mal, wenn der dunkle Lord seine Anhänger zu sich rief, sein Leben. Wenn Voldemort eines Tages herausfinden würde, dass Severus ein Verräter war...... nein, daran wollte ich jetzt nicht denken. Nein.
Aber auch wenn er ein Spion war. Um an die wichtigen Informationen zu kommen, musste er ein vollwertiger Todesser sein. Dies beinhaltete auch die Teilnahme an Überfällen, es bedeutete, dass er ebenfalls unschuldige Menschen folterte und tötete. Er konnte kaum nur als Beobachter dabei sein. Das wäre dem dunklen Lord schon längst aufgefallen. Severus war ein eiskalter Killer. Dies war eine Tatsache, die sich nicht verleugnen ließ und der Gedanke daran verursachte mir eine Gänsehaut.
Wieder schloss ich die Augen und versuchte meine Gedanken zu ordnen. Mit der einen Hand riss ich einige Gräser aus und betrachtete sie, während ich sie zwischen meinen Fingern hin und her bewegte.
Hier an dieser Stelle hatten wir uns das erste Mal geliebt. Ich hatte den Unterricht damals etwas früher beendet und wollte mich noch ein wenig an den See setzen um zu entspannen. Severus hatte bereits hier gesessen. Es schien ebenfalls sein Lieblingsplatz zu sein. Erschöpft und mit dunklen Ringen unter den Augen, hatte er mich angeblickt, nachdem ich mich einfach neben ihm hatte ins Gras fallen lassen. Er hatte so traurig und verletzlich ausgesehen. Er hatte weder geschlafen noch gegessen. Ob an diesem Todessertreffen etwas vorgefallen war, das er nur schwer verkraften konnte?
"Jetzt mach Dich nicht lächerlich," schalt ich mich selbst. "Er ist ein verdammter Todesser. Ihm macht es nichts aus, wenn er töten muss."
Ich zweifelte selbst an dem, was ich mir einzureden versuchte.
Eine Aurorin und ein Todesser. Unvorstellbar, auch wenn er als Spion arbeitete und doch hatten wir so vieles gemeinsam. Wenn es tatsächlich die Wahrheit war, dann kämpften wir für das selbe Ziel, wenn auch auf verschiedenen Seiten.
Ich zog meine Knie an die Brust und schlang die Arme darum. Müde ließ ich den Kopf darauf sinken.
Langsam fühlte ich, wie sich mein Körper entspannte. Vermutlich musste ich mich damit abfinden, dass Severus ein Todesser war. Vielleicht gab es doch irgend eine Möglichkeit. Es musste sie geben...
Ein einzelner kalter Luftzug ließ mich frösteln. Ich hob den Kopf und sah gerade noch, wie ein Boot auf dieser Seite des Sees anlegte. Irgendwo in meinem Innersten läutete eine Alarmglocke. Was wollten die drei Männer, die aus dem Boot stiegen um halb vier morgens hier in Hogwarts? Sofort begab ich mich in Deckung.
Sie schienen mich nicht bemerkt zu haben, als sie ganz in der Nähe an mir vorbei gingen und auf das Schlossportal zu hielten. In sicherem Abstand schlich ich ihnen hinterher. Die kleine Strauchgruppe rechts des Weges bot genug Deckung, dass ich ziemlich nah an die Drei herangelangen konnte.
Plötzlich öffnete sich das Portal mit einem leisen quietschen und ein Schüler kam heraus. Ich erkannte ihn an seinen hellblonden Haaren. Es war Draco Malfoy. Was tat er um diese Zeit hier draußen und was hielt er da unter dem Umhang verborgen?
Er trat auf die drei Männer zu. Derjenige, der in der Mitte stand ließ seine Kapuze vom Kopf gleiten. Ich hielt den Atem an. Es war sein Vater. Lucius Malfoy.
Misstrauisch beobachtete ich die Szene. Die Vier flüsterten und doch konnte ich sie in der Stille der Nacht verstehen.
"Hast Du's Junge?" hörte ich die leise Stimme von Lucius Malfoy fragen.
"Klar, Vater. Hier. Ich konnte mich heute Abend, kurz nachdem er das Schloss verlassen hatte, in sein Büro schleichen. Filch's Passwörter sei dank." Draco grinste höhnisch. "Der Idiot hatte es doch tatsächlich noch immer am gleichen Ort versteckt. Hat wohl geglaubt, sein Büro wäre sicher genug."
"Wo hast Du es, Draco. Gib es mir." Lucius fasste seinen Sohn an der linken Schulter.
Dieser zog ein Kästchen unter seinem Umhang hervor und hielt es seinem Vater hin. Über Lucius Malfoy's Gesicht breitete sich ein triumphierendes Grinsen, als er die kleine Phiole mit schwarzer Flüssigkeit , aus der Schatulle hob. "Die Königin der Nacht" flüsterte er ehrfürchtig. Siegessicher hielt er die Phiole in der Hand und zeigte sie seinen beiden Begleitern, welche leise und böse lachten.
"Draco, Du hast unserer Familie und natürlich dem dunklen Lord heute Nacht viel Ehre gemacht. Sei Dir seines Wohlwollens bewusst. Er wird sich freuen, Dich bald in unseren Reihen zu begrüßen." er nickte noch kurz seinem Sohn zu und wandte sich ab.
Von seinen Begleitern flankiert, ging er in Richtung See davon. Draco schien sehr stolz auf sich zu sein, drehte sich ebenfalls um und ging durch das Portal.
Entgeistert blieb ich noch eine Weile im Schutz der Sträucher sitzen und versuchte mir über das klar zu werden, was ich da eben erfahren hatte.
Draco hatte eine Phiole mit irgendwelcher Flüssigkeit aus einem der Büros gestohlen. Aus wessen Büro war offensichtlich, da abgesehen von der Tatsache, dass Severus der Zaubertränke-Meister war, er der Einzige gewesen ist, der diese Nacht das Schloss verlassen hatte.
Was mir aber größere Kopfschmerzen verursachte, war Lucius Malfoy. Ich hatte immer geglaubt, er sei ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft. Und nun? Er hatte eben den dunklen Lord erwähnt. Lucius war nach wie vor ein Todesser. Er war es vermutlich immer gewesen. Somit musste das, was mir Dumbledore über ihn erzählt hatte, wirklich wahr sein....
Ich verbarg mein Gesicht in den Händen. Heute Nacht schien auf einmal die ganze Welt verrückt geworden zu sein. Konnte denn nichts so sein, wie es aussah? Warum musste Alles so aus den Fugen geraten?
Nachdem ich ein paar Mal tief durchgeatmet hatte, stand ich auf und begab mich ins Schloss. Ich war müde und wollte mich doch noch wenigstens drei Stunden hinlegen. Jetzt konnte ich sowieso nichts unternehmen, aber morgen....


 

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