Die Schwarze Rose 2

 

 

Zurück

 

Zurück zur
Startseite


Kapitel 6: Voldemorts Jünger

 



Erzählt von Minerva McGonagall

Mit gesenkten Häuptern hatte sich die kleine Gruppe an Zauberern, die sich zu Severus' Beerdigung eingefunden hatte, in einem losen Halbkreis um das offene Grab versammelt. Ein kalter Wind beugte die Baumkronen und riss an den Umhängen. Der Regen prasselte unbarmherzig auf uns nieder und ließ das Gesteck aus weißen Rosen und Efeu, welches den Sarg schmückte, bald zerfleddert und erbärmlich aussehen. Dumbledore hatte seine Hände gefaltet und sprach mit rauer Stimme die letzten Worte...

"... nun übergeben wir deinen sterblichen Körper der Erde aus der er einst entstand. Mögest du nun den Frieden finden, welcher dir im Leben versagt blieb. Wir werden dich nie vergessen, Severus. Du bleibst in unseren Herzen, für immer."

Wiederum schnäuzte ich in mein bereits nasses Taschentuch und zwang mich, nicht laut aufzuschluchzen. Es war einfach nicht fair. Severus war noch so jung gewesen. Warum hatte es gerade ihn erwischen müssen? Warum?

Der Sarg wurde magisch in die Höhe gehoben und langsam in die dunklen Tiefen der kalten Erde hinunter gelassen. Dumpf hörte man, wie er auf dem Boden des Grabs aufsetzte. Dumbledore trat an das Fußende und kniete nieder. Ich sah, wie sich seine Lippen bewegten, doch was er sagte, war nur für Severus bestimmt. Der Wind heulte auf und unterdrückte jeden Laut. Tränen liefen über die eingefallenen Wangen des Direktors. Erstmals seit ich Dumbledore kannte, kam er mir alt vor. Seine sonst so ruhigen Hände zitterten, als er die dunkelrote Rose hinunter ins Grab fallen ließ.

Lupin trat hinzu, senkte den Kopf. Schweigend blieb er einen Moment neben dem Direktor stehen. Auch er ließ eine Blüte in das offene Grab fallen. Madame Sprout hatte uns alle mit diesen speziellen Rosen versorgt. Sie hatte nur einen einzigen Rosenstock dieser Sorte und jedes Mal, wenn Severus zu ihr gegangen war, um Zutaten für seine Tränke zu holen, sei er bei diesen Blumen stehen geblieben, habe daran gerochen, oder einfach nur zärtlich über eines der Blätter gestrichen. Er habe diese Rosen unheimlich geliebt, sagte sie.

Warum hatte ich dies nie gewusst? Hatte ich Severus wirklich gekannt?

Ich schüttelte leicht den Kopf. Es gab wohl keinen, der diesen Mann jemals wirklich gekannt hatte. Leider....

Ein brillanter Kopf und doch nicht gesellschaftsfähig.

Lupin half dem Direktor auf die Beine und führte ihn langsam vom Grab weg. Nach und nach verließen die Leute den Friedhof. Ich war ganz als letzte dran. Auch ich kniete mich nieder. Langsam hob ich die Blüte an die Lippen, bevor ich sie hinab fallen ließ. Das Weiß des Sarggestecks leuchtete seltsam gegen die Dunkelheit der nassen Erde. Ich wollte aufstehen, mich abwenden, doch irgendwie blieb mein Blick auf dem Sarg kleben. Wie gelähmt starrte ich hinunter.

Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Etwas war nicht in Ordnung. Ich spürte die Schwingungen schwarzer Magie. Doch woher kamen sie?

KNALL!!!

Ich fuhr zusammen, wollte aufstehen, nach dem Zauberstab greifen, doch alles was ich zustande brachte, war, meinen Blick zu heben. Da stand er. Der, dessen Namen nicht genannt werden durfte. Sein schwarzer zerfetzter Umhang flatterte im Wind und seine roten Augen waren auf das offene Grab gerichtet. Mein Herz hämmerte wild in meiner Brust und ich traute mich kaum zu atmen. Er – hier in Hogwarts, dem sichersten Platz in ganz Britannien.

Langsam hob er den Arm, streckte seine klauenartige Hand aus. "Severus, mein verräterischer Freund! Du sollst nicht ruhen im Reich des Friedens, nachdem was du mir anzutun gedachtest. Du wirst die Qualen erleben, welche du mir auferlegen wolltest. Du sollst an meiner Seite sein wenn Hogwarts fällt und du sollst damit leben müssen, dass dieser Sieg über Dumbledore dein Verdienst war."

Mein Mund war trocken geworden, meine Kehle ausgedörrt. War ich die einzige, die ihn sah, die mitanhörte welche Gräueltat er vorhatte? Wo waren die anderen, die auf der Beerdigung gewesen waren? Warum kam niemand zu Hilfe?

Der, dessen Namen nicht genannt werden durfte hob seine Hand etwas höher und durch das Heulen des Windes hörte ich ein Knarren. Es kam unverwechselbar aus dem Grab herauf. Ein magisches Leuchten drang aus der dunklen Tiefe als sich der Sargdeckel hob. Endlich löste sich meine Starre und ich schrie auf....


Keuchend schreckte ich aus dem Schlaf. Mein Herz raste und schweißnass klebte das Nachthemd an meinem Körper. Langsam, ganz langsam sickerte in mein Bewusstsein, dass alles nur ein Traum gewesen sein musste – ein schrecklicher Traum.

Draußen tobte ein Frühlingssturm - Regen klatschte unentwegt gegen die Fenster. Im Kamin war das Feuer erloschen und eine unnatürliche Kälte hatte sich in meinem Schlafzimmer breit gemacht. Ängstlich hockte ich in meinem Bett, nicht fähig mich zu rühren um das Licht anzumachen. Die schwarze Magie, die ich in meinem Traum gefühlt hatte, war noch immer da, greifbar und real.

Nach einer kleinen Ewigkeit traute ich mich endlich, mich wieder hinzulegen, doch an Schlaf war nicht zu denken. Noch immer die Bettdecke umklammernd, dachte ich über diesen seltsamen Traum nach. Warum gerade Severus' Beerdigung? Nachdem ich dieses Ereignis doch verzweifelt in meinem Innersten vergraben hatte, so dass es nie wieder an die Oberfläche hätte kommen sollen? Doch ich wusste eigentlich genau woran es lag, dass ich mich jetzt an diesen schrecklichen Nachmittag erinnerte und mich dieser sogar in meinem Schlaf heimsuchte. Das plötzliche Auftauchen von Muriel Stern hatte mich ziemlich aus der Fassung gebracht. In den letzten paar Monaten hatte ich versucht weiterzumachen, als ob nichts geschehen wäre. Severus war tot und damit musste ich mich wohl oder übel abfinden. Doch heute war mir mehr denn je bewusst geworden, wie sehr ich ihn eigentlich vermisste. Seine kleinen fiesen Sticheleien, unsere lautstarken Debatten über ungerechtfertigte Punkteabzüge und sein überhebliches Grinsen wenn Slytherin den Hauspokal gewann, oder seinen säuerlichen Gesichtsausdruck wenn Gryffindor das Rennen machte. Er war einfach ein Teil von Hogwarts geworden und ohne ihn schien es, als ob ein Stück aus einer tragenden Mauer herausgebrochen war. Doch noch etwas war merkwürdig gewesen. Was hatte der dessen Namen nicht genannt werden durfte in meinen Träumen verloren? Normalerweise war nicht ich es, die von diesem Scheusal heimgesucht wurde. Was hatte das zu bedeuten?

Nein, es hatte wirklich keinen Sinn mehr. Rumwälzen brachte nichts. So griff ich meinen Zauberstab, der wie üblich auf dem Nachttisch lag, machte Licht und zog meinen Morgenmantel über. Warme Milch. Ja, das würde helfen. Welch ein Glück, dass die Hauselfen auch nachts erreichbar waren. So saß ich ein paar Minuten später auf meinem gemütlichen Sofa vor dem knisternden Kaminfeuer und hielt eine Tasse dampfender Milch in meinen Händen. Morgen früh würde die Welt schon wieder besser aussehen – viel besser.


Erzählt von Duncan O'Connor

Knapp eine halbe Stunde mussten wir uns gedulden, bis sich auch der letzte Penner hingelegt oder hinaus in die Dunkelheit verzogen hatte. Langsam zog ich den Zauberstab aus der Seitentasche meines Mantels. Mit einer kurzen Handbewegung bedeutete ich meinen beiden Helfern, mir zu folgen. Vorsichtig bewegten wir uns den Schatten entlang unter die Brücke. Hier und da lag so ein armer Teufel, dem nichts geblieben war, außer den Kleidern, die er trug. Doch mir sollte dies egal sein. Irgendwo hier musste der Verräter sein. Lucius hatte mir ein kleines Vermögen versprochen, wenn es mir gelingen würde ihn zu finden und den Plan in die Tat umzusetzen. Ein mieser kleiner Plan. Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Ein Auftrag ganz nach meinem Geschmack.

Wir umrundeten ein Fass, in dem ein ersterbendes Feuer schwelte. Unter dem Fuß eines meiner Begleiter knirschte ein Stück zertretenes Glas.

Hastig hielt ich einen Finger an die Lippen. "Psst!" Leise schlichen wir weiter. Da, hinter dem nächsten Betonpfeiler. Da lag dieser langhaarige Mistkerl auf dem nackten Boden, eine schäbige Decke über sich geworfen. Ich hob meine rechte Hand zum Zeichen, dass wir an unserem Ziel angelangt waren. Ich steckte den Zauberstab weg, griff in meinen Mantel und zog ein sorgsam gefaltetes, rotes Tuch heraus. Vorsichtig schlug ich die Ecken auseinander und grinste hämisch.

Auf meiner offenen Hand lagen drei Spritzen. Jede enthielt eine andersfarbige Flüssigkeit. Während die Erste milchiggrau und zähflüssig schien, war die zweite dunkelrot und bildete unablässig Blasen. Die dritte schien hellgrün opalisierend und ein wenig ölig. Sorgsam nahm ich die erste heraus, schlug die Ecken des Tuchs wieder ein und ließ das kleine Bündel in der Brustinnentasche meines Mantels verschwinden. Rasch zog ich die kleine Plastikschutzkappe von der Nadel, hielt die Spritze gegen das Licht und drückte den Kolben etwas hinein, so dass ein wenig der milchiggrauen Flüssigkeit auf den Boden tropfte.

Eine knappe Kopfbewegung und meine beiden Helfer packten Severus Snape. Während der eine sich auf seine Beine stürzte, kniete sich der zweite auf dessen Brust und Hals und achtete darauf, dass er nicht um sich schlagen konnte. Snape riss die Augen auf und versuchte sich augenblicklich loszumachen, doch er hatte nicht den Hauch einer Chance. Meine Jungs verstärkten den Druck und erstickten jede noch so jämmerliche Anstrengung, sich loszureißen, im Keim.

Mit einer raschen Bewegung riss ich Snapes linken Ärmel auf und kniete mich auf seine Hand, so konnte er mir unmöglich seinen Unterarm entreißen. Die Vene in seiner Ellenbeuge trat scharf hervor und bot ein hervorragendes Ziel. Ohne zu zögern tat ich meine Arbeit und zog kurz darauf die Nadel aus Snapes Vene.

"Lasst ihn los“, befahl ich heiser und erhob mich. Keuchend und mit weit aufgerissenen Augen starrte mich Snape an. Er versuchte auf die Beine zu kommen, doch das wollte ihm nicht gelingen. Die Injektion machte ihm zu schaffen. Wie Lucius gesagt hatte – das Mittel wirkte erstaunlich schnell. Ein letzter Versuch und er sackte zurück auf den staubigen Boden. Einige unartikulierte Laute drangen aus seiner Kehle.

"Viel Spass auf dem Trip!" murmelte ich.


Erzählt von Minerva McGonagall

"Professor McGonagall, Ma'm. Bitte aufwachen."

Das stetige Rütteln an meinem Arm ließ mich erwachen. Ich setzte mich schlaftrunken auf und blinzelte gegen das fahle Sonnenlicht, das durch die Fenster fiel. Irgendein Hauself wuselte um mich herum, doch ich sah nicht welcher. Fest kniff ich die Augen zusammen und fuhr mir über die Stirn. Ich musste wohl hier auf dem Sofa eingeschlafen sein. "Professor McGonagall hat Milch verschüttet, hat Sauerei gemacht. Aber keine Sorge, Professor McGonagall Ma'm, Dobby macht alles wieder weg. Teppich wird sein wie neu."

"Ja, ja", murmelte ich. Mein Rücken schmerzte etwas und mein Kopf fühlte sich schwer an. Das Gelaber eines Hauselfen musste ich jetzt wirklich nicht haben. "Danke Dobby, du kannst gehen."

"Aber Professor McGonagall Ma'm-"

"Raus!"

Der Hauself sah mich erschrocken mit aufgerissenen Augen an, schnippte mit den Fingern und verschwand. Ich stützte den Kopf in die Hände und seufzte. Eigentlich war es nicht meine Art, so mit Hauselfen umzugehen. Aber ... ach, was dachte ich überhaupt darüber nach. Es war eh Zeit hinunter in die Grosse Halle zu gehen, wenn ich vor Unterrichtsbeginn noch eine Tasse Kaffee erwischen wollte.

Hastig zog ich mich an und eilte ins Badezimmer. Uhh, das zerknautschte, bleiche Gesicht, welches mich aus dem Spiegel anblickte, konnte kaum meines sein. Nein, eindeutig nicht meines. Mit fahrigen Bewegungen öffnete ich den Wasserhahn und klatschte mir kaltes Wasser ins Gesicht. Wenn mir etwas dabei half wach zu werden, dann das.

Eine knappe Viertelstunde später saß ich zusammen mit dem Kollegium am Lehrertisch und genehmigte mir einen ausgiebigen Schluck heißen Kaffees, als mit einem mächtigen Rums die Flügeltür aufgestoßen wurde. Vor Schreck verschüttete ich einen Teil meines Kaffees. Leise fluchte ich vor mich hin, als ich nach meiner Serviette griff und versuchte das Schlimmste zu verhindern.

Madame Sprout, die neben mir saß, zog mich leicht am Ärmel. "Was?!" fuhr ich sie an, doch sie deutete nur in Richtung Tür. Ich folgte ihrer Armbewegung und sah Filch, den Hausmeister, der mit zügigem Schritt den Mittelgang herunter kam. Sein Gesicht war weiß und seltsam verzerrt. Hagrid war bei der Tür stehen geblieben, doch auch er schien durch irgendwas aus der Fassung gebracht worden zu sein. Mrs. Norris, die ihren Herrn sonst immer begleitete, war nirgends in Sicht.

"Direktor", keuchte Filch, "ich glaube, das sollten Sie sich ansehen!" Seine Stimme klang belegt und die Betonung, die er diesem Satz verlieh, gefiel mir überhaupt nicht. Etwas war geschehen. Etwas Unaussprechliches. Ich konnte es fühlen.

Einen kurzen Moment schien die Welt stillzustehen. Niemand rührte sich, keiner traute sich zu atmen. Dann, auf einen Schlag, kam Leben in die Lehrer. Dumbledore erhob sich, und mit ihm Lupin und Stern. Ich folgte ihrem Beispiel. "Sprout! Übernehmen Sie die Aufsicht!"

Mit wild klopfendem Herzen hetzte ich meinen Kollegen nach, als sie hinter Filch herhasteten.

 

 

 Kapitel 5

 Kapitel 7

 

Review

 

Zurück