Sein und Schein

 

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Kapitel 5: Komödie der Irrungen

 



Teil 2

Endlich allein. Snape setzte sich auf das große Bett mit dem dunkelblauen Baldachin und ließ sich völlig entnervt nach hinten fallen. Dieses Treffen war das reinste Desaster. Eine kurze Zeit betrachtete er die silbernen Stickereien in dem Betthimmel, dann schloss er die Augen. Die Schulleiterin der Wartburg war eine echte Herausforderung an seine eigentlich nicht vorhandene Geduld.
Er hoffte, dieser Frau, die wie ein Sturm über ihn hinweggezogen war, in den nächsten Tagen so wenig wie möglich zu begegnen.
"Tobby, komm her!" Der Zaubertrankmeister ließ die Augen immer noch geschlossen. Nichts. Doch der Professor hatte das leise Schniefen schon beim Eintreten gehört. "Tobby, ich weiß, dass du da bist, also gehorche", befahl Snape und tastete nach seinem Zauberstab. Ruckartig setzte er sich auf, zielte in eine der Zimmerecken und scheuchte den armen verheulten Elfen mit einem kleinen Funkenregen daraus hervor.
"Bring mir eine Kanne Tee - heißen grünen Tee", befahl er. "Einen sehr starken Tee."
"Jawohl, Tobby eilt, Tobby fliegt."
"Verschütte nicht die Hälfte!" rief er ihm nach. "Und vergiss die Tasse nicht."

Snape sah sich in dem düsteren Zimmer um. Vor nackten, aber massiven Feldsteinwänden hingen große Wandteppiche, die ein wenig die Kälte der Mauern abhalten sollten. Neben dem Bett, das mit seiner Größe den Raum beherrschte, standen Schreibtisch und Stuhl auf der einen und ein großer Schrank auf der anderen Seite. Dem Bett gegenüber befand sich ein runder Tisch und ein Lesesessel. An der Wand ein Regal mit Büchern, einem Stapel Zeitungen und Leuchter mit frisch aufgesteckten magischen Kerzen.
Das Gepäck stand schon da, und Tobby hatte seine Kleidung bereits sauber in den Schrank gehängt sowie Sachen zum Umziehen bereitgelegt. Der Koffer mit den Zaubertrankzutaten stand unberührt in einer Ecke, gleich neben der Tür zum Bad. Snape ließ sich zurück aufs Bett fallen.
An der Unterkunft war nichts auszusetzen. Eigentlich hätte es perfekt sein können wenn ... Severus drehte sich herum und stützte das Kinn auf die gefalteten Handflächen .... wenn da nicht zum Beispiel die Magnus-Brüder wären oder Apollonius, alte Bekannte aus dunklen Tagen. Dieses Seminar schien das reinste Klassen-Treffen von Ex-Todessern zu sein. Da war es nur ein kleiner Trost, auch Großmeister Bernardo unerwartet wieder zu sehen. Der Merlin von Ravenna hatte es eigentlich nicht nötig, sich die vergleichsweise stümperhaften Elixiere eines Severus Snape ansehen zu müssen. Immerhin war dieser bei ihm in die Lehre gegangen.
In ihrem kurzen Gespräch unter vier Augen gestand der Zaubertrankmeister und ehemalige Auror auch freimütig, dass es die Neugier war, die ihn veranlasste zu kommen. "Du kennst doch das Sprichwort: Ein Todesser kommt selten allein - nichts für Ungut, Severus. Wie du siehst, stimmt es wohl immer noch."
"Apollonius und die Magnus-Brüder. Sie gingen damals ins Exil."
"Du sagst es. Aber hast du nicht noch jemanden vergessen?"
Verbissenes Schweigen.
"Lady Gwenda?"
Die Antwort fiel ungewollt heftig aus. "Sie wurde frei gesprochen. So wie ich."
"Freilich, nur mit dem Unterschied, dass ich ihr nicht traue. Man konnte ihr nie etwas beweisen."

Der Professor stützte sich auf und rieb sich unbewusst über das Dunkle Mal auf seinem Arm. Bernardos Misstrauen war ansteckend und das machte ihn nervös.
Lady Gwendas Anwesenheit machte ihn nervös.
Vielleicht lag es aber auch nur an der aufdringlichen Schulleiterin?
Oder wegen des Treffens der Todesser heute Nacht?
"Such dir etwas aus, Severus!" sprach er halblaut zu sich selbst und stand auf. Wie eine schwarze Katze durchmaß er das Gemach mit unruhigen Schritten. Zuweilen blieb er vor der Tür stehen und horchte auf Geräusche. Wo blieb der verdammte Hauself mit seinem Tee?

Snape ließ sich in dem Sessel nieder, strich sein Haar aus dem Gesicht und griff nach einem Stapel Zeitungen, die im Regal lagen. Enttäuscht blätterte er diese durch. Viele mussten über 20 Jahre alt sein. Zum Muggel aber auch, können die hier nicht aufräumen? Oder wurde das Zimmer sonst nie benutzt?
Auf den vergilbten Seiten huschten in den Fotos die Personen alter Ereignisse hin und her. Viele husteten wegen des Staubes, der sich auf dem 'Tagesprophet' inzwischen abgesetzt und den er wieder aufgewirbelt hatte. Die Ausgaben waren in deutscher Sprache, aber nach der Berührung mit dem Zauberstab und einer Translate-Formel wechselte die Sprache in Englisch über.
Gelangweilt überflog er die Schlagzeilen. Er hielt erst inne, als er ein Bild von einem wesentlich jüngeren Dumbledore entdeckte. Dabei ging es um seine Ernennung zum Schuldirektor von Hogwarts. Neben ihm weitere Personen, die ihm gratulierten. Beunruhigt musste der Zaubertrankmeister feststellen, dass die meisten von ihnen nicht mehr lebten. An einige von ihnen erinnerte er sich noch ziemlich deutlich, vor allem an ihren Tod.
Es war, als hätten ihn die Geister der Vergangenheit eingeholt.
Weitere Schlagzeilen berichteten von den verbrecherischen Taten der Todessern und der Angst der Zaubererwelt. In einem Interview erzählte ein Überlebender von einer Todesfee und einem Schwarzen Engel. Snape verzog das Gesicht. Der Presse hatte die Geschichte von Todesfee und Schwarzer Engel so gut gefallen, dass sie immer wieder gern bemüht wurde, wenn die Todesser besonders grausam zugeschlagen hatten.
Der Zaubertrankmeister blätterte weiter. Eine der letzten Zeitungen berichtete in riesigen Lettern von 'Dem Jungen, der überlebt hatte'. Ein Bild von Harry sprang ihn regelrecht an. Auf der Stirn des Jungen war noch die frische Narbe zu erkennen, die von Voldemorts Treffen stammte.

Es klopfte. Snape, tief in Gedanken, schrak auf. Er ließ die Zeitung los, die sofort auf den Boden rutschte und die aufgeschlagene Seite verblätterte.
"Ja."
Nichts, dann wieder ein Klopfen.
"Herein!"
"Du musst es dreimal sagen", hörte er hinter der Tür eine helle lachende Frauenstimme.
"Verdammt, herein!" Snape war nicht nach Spielchen zumute und nach Damenbesuch erst recht nicht.
Die Klinke bewegte sich langsam und dann öffnete sich die Tür einen kleinen Spalt. Helles Licht aus dem Flur drang in das Halbdämmer des Gemaches. "Warum so gereizt?"
Snape stand mitten im Raum, die Arme auf dem Rücken verschränkt und mit seinem Zauberstab zwischen den Fingern ungeduldig spielend. Mit eisigem Blick bedachte er die Frau, die so willkommen war wie ein kalter Schneesturm im Frühling.
Sie hatte das lange silberblonde Haar und die eisgrauen Augen ihrer Familie, eine große schlanke Gestalt, helle Haut wie feinster Alabaster und eine Stimme, die an Silberglöckchen erinnerte. Ihre schmalen langen Hände hielten die Türklinke noch immer gedrückt. Mit spitzbübischem Lächeln trat sie ein. Wie immer trug sie makellose weiße fließende Gewänder - durch und durch eine Lichtgestalt und so ganz der Gegensatz zu seiner dunklen Erscheinung.
"Schon vergessen, Severus? Wir sind in Deutschland."
Snape schwieg reserviert.
"Deutschland!" versuchte Lady Gwenda es noch einmal. Sie schloss die Tür hinter sich. "Goethe, Faust, der Tragödie 1. Teil: die Szene, wo Mephisto den Doktor Faust besuchen kommt."
Noch so eine Theaterliebhaberin. Die ganze Welt schien neuerdings auf Theater versessen zu sein.
Zugegeben, Snape verstand nicht viel von Muggeldichtung, doch die Geschichte von Faust und seinem teuflischen Gesellen war auch ihm bekannt. Es dünkte ihn wie reine Ironie, dass Lady Gwenda sich gerade diese Szene für ihren Auftritt ausgesucht hatte. Der Teufel, der den Professor besucht. Und er hat ihn auch noch selbst eingelassen. Sie war schon immer für ihren eigenartigen Humor bekannt.
"Was willst du?" blaffte Snape abweisend.
"Aber Severus, ich bin nicht eine deiner pubertierenden Schülerinnen, vor denen du dich schützen musst." Sie lächelte. Das dunkle Gemach schien gleich heller zu sein. "Du musst mich nicht so angiften, als hätte ich dir sonst etwas getan." Sie zögerte kurz und korrigierte sich "Na ja, oder würde dir sonst etwas noch tun wollen."
Sie trat auf ihn zu. Fast augenblicklich spannte sich sein Körper, bereit sich gegen jede Überraschung zu wappnen. Noch einmal wiederholte er seine Frage.
"Vielleicht über alte Zeiten und Freunde plaudern?" Der Stoff ihres Gewandes raschelte, als sie näher kam und dicht vor ihm stehen blieb. Langsam hob sie den Arm und strich zärtlich mit dem Handrücken über seine Wange. Es war wie früher, als sie nachts gemeinsam unterwegs waren.
Nein, Severus verbot sich jeden weiteren Gedanken. Das angenehme Prickeln seiner Haut verschwand.

Die Bewegung war kaum auszumachen, da fühlte Gwenda den eisernen Griff um ihr Handgelenk. Snape riss ihren Arm nach hinten und stieß die Frau angewidert von sich. "Jetzt benimmst du dich doch wie eine meiner pubertierenden Schülerinnen!"
Sie lachte, kam unbeeindruckt wieder näher und drohte mit dem Zeigefinger. "Es steckt ja doch noch Feuer in dir: unberechenbar, jähzornig und unergründlich." Die letzten Worte flüsterte Gwenda ihm in sein Ohr.
"Bist du deswegen gekommen? Nur um das festzustellen?"
Die Frau mit den langen Haaren und dem lichthellen Gewand überhörte den Spott. "Nein, eigentlich nicht. Ich wollte dich nur vorwarnen."
Snape schwieg.
"Ein Teilnehmer unserer - deiner - Seminargruppe, wird heute bei Neumond sterben."
Dieses Mal konnte der Zaubertrankmeister nicht schweigen. Unruhe spiegelte sich in seinen Augen. "Wer? - Gwen, wer?"
Lady Gwenda legte ihm den Finger auf den Mund. "Zu spät, mein düsterer Freund. Du wirst es ohnehin nicht verhindern können."
"Und warum?" Der Zaubertrankmeister konnte sich nicht vorstellen, wieso einer der Zauberer oder Hexen hier auf der Wartburg für Voldemort interessant sein sollte. Plötzlich holte er erschrocken Luft. Ihm fiel Meister Bernardo ein. Der alte Mann war beim Kampf gegen Voldemort dabei gewesen, bevor er sich in Italien zur Ruhe setzte. Der Dunkle Lord hatte mehr als nur eine Rechnung mit dem Merlin von Ravenna offen.
Ihr silberhelles Lachen klang Snape noch im Ohr, als Gwenda schon längst wieder aus seinem Gemach verschwunden war.
Erst jetzt vermochte sich der Zaubertrankmeister zu entspannen. Er legte seinen Stab auf den runden Tisch und ließ sich in den Lesesessel fallen. Das war keine leere Drohung, Gwenda war fasziniert von dem Spiel um Leben und Tod. Und wenn sie vom Tod sprach, würde er auch kommen.
Aber zu wem? Bernardo? Sollte er ihn warnen? Und wenn Voldemort ihn testen wollte? Vielleicht kam er jetzt in den Inneren Kreis? Die Fragen ging ihm immer wieder wie Mühlsteine im Kopf herum. Wenn es etwas gebracht hätte, wäre er der Frau nachgelaufen, aber sie ließ sich ihr Spiel nicht von jemandem wie ihm verderben.

Auf dem Flur schepperte es und Tobbys lautes Gewimmer drang durch die Tür. Der Professor fuhr zusammen. Wütenden Schrittes eilte Snape zur Eingangstür und riss sie auf. Tobby sammelte jammernd die Scherben des Teegeschirrs ein und ließ alles wieder fallen, als er den Professor vor sich stehen sah. Snape packte den Hauselfen an der Schulter und schüttelte ihn ungehalten durch. Seine Stimme war bedrohlich leise und frostig. "Du nichtsnutziges, elendes Geschöpf!" zischte er. Schon griff Snape nach seinem Zauberstab in seiner Tasche, doch der lag noch immer auf dem Tisch, also schupste er Tobby in sein Gemach. Laut fiel die schwere Eichentür wieder ins Schloss. Der Zaubertrankmeister wirbelte herum und verschränkte die Arme vor der Brust, der durch die Bewegung aufgeblähte Umhang senkte sich knisternd wieder. "Such meine Todesser-Sachen heraus und dann machst du diesen Schweinestall vor der Tür sauber."
Unter vielen unzähligen Verbeugungen, Unschuldsbezeugungen und Gewimmer eilte Tobby eifrig hin und her, um die Wünsche seines, im Moment besonders übellaunigen, Professors zu erfüllen.
Snape legte den Lehrerumhang ab und wechselte die Stiefel. "Wie ist das Wetter in England?"
"Es ist wärmer geworden und es gibt Schneeregen, Professor Snape!" stammelte Tobby und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, damit sie nicht den Gehrock des Zaubertrankmeisters benetzten, den er ihm reichte. Zum Schluss übergab er ihm den zusammengelegten Umhang mit Voldemorts Zeichen.
Schneeregen, überlegte Snape. Dann wird es wohl ziemlich ungemütlich werden. Aber vielleicht hatte Gwendas Ankündigung nichts mit dem heutigen Monatstreffen der Todesser zu tun?
"Professor, Sir, Sie werden sich doch nicht mit diesen finsteren Kapuzenleuten treffen", wagte Tobby kleinlaut einen Einwand. Er stand dicht bei Snape, hielt dessen Bein umklammert und sah mit bangen Augen zu ihm auf. "Sie sind nicht gut für Sie, Sir, sie tun einander weh. Böse Zauberer! Böse Zauberer!"
"Das hat dich nicht zu kümmern. 10 Punkte Abzug für Gryf..." Snape hielt mit bitterer Miene inne. Das muß der Schulstress sein. Doch der Punkteabzug erinnerte ihn an Tobbys Verfehlungen.
Der Zaubertrankmeister beugte sich mit einem kalten Lächeln zu seinem Hauself herunter und musterte ihn mit mitleidlosen Augen. Das dunkle Haar fiel ihm wie ein Vorhang vor das Gesicht. Zitternd zog sich Tobby von dem Professor zurück. "Du warst ungehorsam. Du bist unaufgefordert mitgekommen, hast deine Arbeit nicht erledigt, meinen Tee verschüttet und dich in Dinge eingemischt, die dich nichts angehen."
Er richtete sich wieder auf und ging zur Tür. Bevor er das Gemach verließ, drehte sich Snape noch einmal zu dem Hauself um. "Deswegen wirst du dich, während ich weg bin, angemessen bestrafen und zwar so, dass ich es später noch sehen kann. Oder ich erledige das."
In diesem Moment brannte das Mal auf seinem Arm. Der Zaubertrankmeister schlug die Tür hinter sich zu.

***



Eine grau-schwarz gestreifte Katze schlich durch die Gänge des Schlosses. Mrs. Norris entdeckte sie bei einem ihrer Streifzüge und betrachtete das fremde Tier misstrauisch. Sie wusste, dass es noch mehr Katzen im Schloss gab, Katzen, die den Schülern gehörten, wie dieser Krummbein bei den Gryffindors oder der große attraktive schwarze Kater im Kerker bei den Slytherins. Nicht zu vergessen dieses gefährliche diebische Frettchen der Lehrerin der Vier-Elemente-Kunde. Dieses Tier jedoch war ihr unbekannt und deswegen gehörte es auch nicht hierher. Nicht in ihr Revier.
Auf das höchste alarmiert sprang Mrs. Norris der Fremden nach und maunzte sie drohend an.
Keine Reaktion, stattdessen ignorierte die gestreifte Katze ihre Drohung und lief nun zum Wasserspeier, der den Zugang zum Büro des Schulleiters versperrte.
Oh nein, auf keinen Fall. Wer immer diese Fremde war, dort hatte sie nichts zu suchen. Noch einmal miaute Mrs. Norris, dieses Mal jedoch schon unmissverständlich. Wenn die Fremde vorhatte, ins Büro vom Schuldirektor einzudringen, so würde sie es zu verhindern wissen.
Mit wenigen Sprüngen war Mrs. Norris bei der Gestreiften, fauchte sie an und als diese sie weiterhin missachtete, versetzte sie ihr einen mehr als nur warnenden Hieb mit der Pfote.
Das hatte gesessen, jetzt hatte sie die volle Aufmerksamkeit der Fremden.
Ein wildes Fauchen, einen aufgerichteten Schwanz - kapiert die das nicht? Hier war ihr Revier und raus jetzt. - Na also.
Die gestreifte Katze wich zurück und lief nun eiligst davon. Mrs. Norris blieb als Sieger auf der ganzen Linie zurück. Zufrieden miaute sie, setzte sich auf die Hinterpfoten und begann genüsslich das Fell zu putzen.
Ihr kleines feierliches Ritual brach sie erst ab, als ihr feines Gehör Schritte vernahm, Schritte, die eilig näher kamen und von einem Menschen stammten.
Interessiert spitzte sie die Ohren und ordnete das Geräusch zu. Mitten in der Nacht schlichen immer wieder Leute durchs Schloss. Da waren diese Schüler, die sich irgendwie fast unsichtbar machen konnten, dann die beiden Zwillinge aus dem Turm und der blonde Bursche aus den Kerkern. Zuweilen trafen sich auf den Fluren zwei aus verschiedenen Häusern, die sich aber schnell verjagen ließen, indem sie nur ihre Anwesenheit demonstrierte. In der Nähe vom Wasserspeier jedoch war um diese Zeit meistens nur der Zaubertrankmeister zu sehen. In seinem Labor roch es immer so lecker, aber er sah es gar nicht gern, wenn sie darin herumstreifte, besonders nicht dort, wo diese fremdländischen Mäuse in Käfigen auf ihr Schicksal warteten. Zu ärgerlich, dass er nie eine davon herausrückte.
Die Schritte kamen näher. Aha, nicht der Zaubertrankmeister, das konnte nur der Schuldirektor selber sein. Was treibt der sich denn zu dieser Zeit im Schloss herum?
Mrs. Norris setzte sich erwartungsvoll vor den Wasserspeier. Der Direktor hatte immer Leckereien in der Tasche. 'Bestimmt rückt er was heraus, wenn ich nur kläglich genug miaue', überlegte Mrs. Norris einen Moment, doch dann vernahm sie ein weiteres Geräusch. Die Ohren hin und her bewegend versuchte sie die Richtung zu orten. Fast augenblicklich entdeckte sie die gestreifte Katze wieder. Bei allen Mäusen des Schlosses, die war aber schwer von Begriff.
"Ah, Mrs. Norris." Dumbledore stand nun vor dem Wasserspeier. Er bückte sich zu der Katze hinunter und kraulte sie liebevoll unter der grauen Schnauze. Nein, sie mochte das überhaupt nicht. Jedenfalls nicht, wenn es Dumbledore tat. Besser wäre es, er würde die Leckereien gleich rausrücken. Aber gut, tun wir ihm den Gefallen. 'Er wirkte immer so glücklich, wenn ich es mache', überlegte die Katze und so strich sie schnurrend um sein Gewand und rieb sich den Kopf an dem schweren Stoff. "Miau!" Diese Stickereien kratzten unangenehm, aber was tat man nicht alles für sich selbst? Fast augenblicklich begann der Direktor in einer seiner Taschen zu wühlen. Na bitte, das klappt doch hervorragend. Menschen waren so einfach zu manipulieren.
Es hätte perfekt sein können, doch dann unterbrach der Direktor seine Suche. Ein zweites "Miau!" zeigte Mrs. Norris, dass sie nicht mehr allein waren. Diese verdammte fremde Katze. Fauchend schaute Mrs. Norris hinter dem Gewand von Dumbledore hervor. Da war sie wieder, diese Gestreifte.
Etwas irritiert musste Mrs. Norris feststellen, dass der alte Mann seine Hand aus dem Gewand zog ohne etwas leckeres dabei zu haben. Schlimmer noch, er ignorierte sie ganz und gar und wandte sich stattdessen dem Eindringling zu und sprach mit ihr.
"Miau?" Ihre Katzenwelt schien auf dem Kopf zu stehen. Sie war schließlich zuerst hier gewesen. Sie ging hier Streife und warnte ihren Freund, den Hausmeister, wenn wieder Leute im Schloss des Nachts herumschlichen. Sie jagte hier die Mäuse von denen es, zugegebenermaßen, reichlich und leckere gab, und sie stellte sich Eindringlingen entgegen.
Wütend geworden sprang sie vor und auf die fremde Katze zu. Bevor sie aber einen Treffer landen konnte, dieses Mal mit ausgefahrenen Krallen, hatte der Direktor die Fremde hoch und auf den Arm genommen.
"Na, na Mrs. Norris, das war aber nicht nett."
Lauernd umrundete sie den Menschen mit der Katze auf dem Arm. Sie sah an ihm hinauf und musterte verärgert das Gesicht des Eindringlings. Na gut, sie kam jetzt nicht an sie heran, aber irgendwann würde der Direktor sie herunter lassen und dann, bei allen Mäusen im Schloss, würde sie zur Stelle sein. Mit diesem Versprechen stolzierte Mrs. Norris davon, um sich lohnenderen Gedanken und Tätigkeiten zu widmen.

Professor Dumbledore setzte die große gestreifte Katze auf einem weichen Sessel in seinem Büro ab und ließ sich dann an seinem Arbeitstisch nieder. "Tja, es sieht nicht gut aus, liebe Minerva! Wegen der bevorstehenden Feiertage ist im Zaubereiministerium kaum jemand zu erreichen, und die Zauberer aus der Abteilung für Magische Unfälle sind alle unterwegs. Vor und über die Feiertage sind alle sehr beschäftigt, die unzähligen Fehl- und üblichen falschen Weihnachtswunschzauber zu beheben." Er seufzte betrübt. "Ich fürchte, wir müssen warten, bis einer von ihnen auch für uns Zeit hat."
"Miau?"
"Schon möglich Minerva, aber leider ist er gerade erst fort. Dieses Seminar wird noch einige Tage dauern."
"Miau!"
"Ja, ich habe Severus bereits eine Eule geschickt. Aber bis Deutschland ist es ziemlich weit. Wie Sie wissen, ist die Wartburg nur zeitweise am Flohnetzwerk angeschlossen. Zwecklos, es so zu versuchen." Dumbledore schob die Brille ein wenig nach oben und rieb sich die Nase.
"Einige Tage werden Sie noch ausharren müssen, meine Liebe."
McGonagall maunzte kläglich und rollte sich schließlich auf dem Sitz ein. Mit traurigen Augen sah sie zum Schuldirektor hinüber. Vielleicht hatte er recht und Snape wusste wirklich ein Mittel, um die Rückverwandlungsblockade aufzuheben. Doch bis dahin?
Mit der Pfote blätterte sie eine Seite des Buches 'Fähigkeiten eines Animagus' um. Vielleicht stand in diesem Standardwerk etwas drinnen, was ihr weiter half.

***



"Tobby, andere Sachen! Sofort!"
Mit lautem Krachen fiel die schwere Eichentür ins Schloss. Der Hauself eilte herbei und wurde erst einmal unter dem nassen Umhang und den dreckigen Stiefeln eines ziemlich gereizten Zauberers begraben.
Snape warf sich in den Lesesessel und trocknete sich mit einem Handtuch die nassen Haare. "Bei dem Sauwetter holt man sich den Tod. - Oh traute Weihnachtszeit." Sein trockenes humorloses Lachen ließ Tobby eine gewisse Distanz wahren. "Ja, den Tod holt man sich - bei Schneeregen auf einer Lichtung im Wald irgendwo ... wer weiß wo ... So einfach geht das." Mit einer Handbewegung wischte Snape wütend einige Zeitungen vom Tisch. "Und dieser arrogante Malfoy", wetterte der Professor weiter. Er riss dem Hauselfen das frische Hemd aus den Händen. "Tobby, ich brauche heute Nacht mein Schlafelixier. - Idiotische dumme kleine Spiele von idiotischen dummen kleinen Jungen. Sieh dir das an, überall Blut. Hier, das Handtuch kannst du auch gleich mitnehmen "
"Oh Sir, Professor Snape ist verletzt? Böse Zauberer! Böse Zauberer!"
"Red nicht so viel, das ist nicht mein Blut."
"Tobby holt einen Heiler."
"Du holst keinen Heiler, du holst Tee. Und wenn möglich im kompletten Geschirr. Aber flott, bevor ich dir die Hände an der Kommode quetsche." Missmutig betrachtete Snape seinen linken Unterarm. "Und für so was schlägt man sich die Nächte um die Ohren."
Sein Wutanfall schien verraucht und an dessen Stelle trat jetzt tiefste Verbitterung. Voldemort traute ihm noch immer nicht. Auch dieses Mal blieb ihm der Innere Kreis verwehrt. Doch Geduld, Severus, ermahnte er sich, nur Geduld.
Tobby kam mit dem Tee und stellte das Tablett ab. Inzwischen hatte Snape seine äußere Gelassenheit wiedergefunden und betrachtete den Hauself, wie er die nassen Sachen wegräumte.
"Was ist mit deinen Ohren passiert?"
Die Stimme des Hauselfen zitterte, als er sich an den langen Ohren fasste und es zu erklären versuchte. "Tobby hat sich bestraft, wie der Professor befahl." Der Zaubertrankmeister warf einen genervten Blick zur Decke und schüttelte den Kopf. Das dieser Wicht alles so wörtlich nehmen musste.
"Tobby hat sich die Ohren an der Tür geklemmt", hörte er dem Elfen weiter zu.
"Lass sehen!" befahl er mürrisch und winkte die traurige Gestalt zu sich heran.

Es klopfte an der Tür und bevor Snape so richtig fluchen konnte, war der Besucher auch schon in seinem Zimmer. Nur zu, warum auch nicht. In dieser Burg ging es diese Nacht zu wie in einer Eulerei.
"Oh, störe ich?" fragte Bernardo belustigt, als er sah, wie der Zaubertrankmeister seinen Hauselfen mit einer Tinktur verarztete.
Snape grummelte etwas unverständliches und scheuchte dann den kleinen Kerl weg. "Was verschafft mir die so späte - oder sollte ich besser sagen - frühe Ehre?" Eigentlich war er erleichtert, seinen ehemaligen Lehrmeister gesund und munter zu sehen.
Der alte Mann hob beschwichtigend die Hand. "Ich wollte nur sehen, wie es dir geht. Du warst heute Nacht fort?"
"Das weißt du doch schon. Was also soll die Frage?" Der Tee war kalt geworden und Snape stellte die Tasse zurück. "Beobachtest du mich?"
"Nein, aber ich habe unsere schöne Lady gesehen. Sie ist vor dir gegangen und kam erst nach dir zurück. Wie lange ist sie schon wieder beim Dunklen Lord?"
"Keine Ahnung, ich habe sie nicht gesehen", entgegnete Snape kalt. Der alte Mann sah den Zaubertrankmeister skeptisch an. Snape reagierte gereizt. "Verdammt Bernardo, sie tragen alle Umhänge, Kapuzen und Masken. Jeder könnte darunter stecken."
"Severus, du musst dich nicht angegriffen fühlen ..."
Snape schnaubte verächtlich.
"Ich weiß, du bist wegen Albus zurück zu den Todessern gegangen. Es war bestimmt keine leichte Entscheidung. Und nun taucht auch noch diese Frau wieder auf. Da mache ich mir Sorgen. Lady Gwenda wird versuchen, dich fester an Voldemort zu binden und dich ganz nebenbei für ihre eigenen Pläne einspannen."
"Voldemort traut mir nicht - und ihr auch nicht. Deine Sorge ist also unbegründet."
Der alte Auror wusste, dass es keinen Zweck hatte mit Snape weiter zu reden, wenn er in dieser aufgeräumten Stimmung war. Langsam stemmte er sich aus dem Sessel und stakste zur Tür. Dort drehte er sich wieder um. "Pass auf dich auf, Junge! Die Auroren beginnen allmählich dieselben Methoden anzuwenden wie Voldemort."
"Woher ist dir das bekannt?"
"Ich bin nicht ganz untätig, auch wenn ich in Ravenna lebe."
"Ich dachte, du hättest dich zur Ruhe gesetzt?"
Bernardo zuckte die Schulter. "Einmal Auror immer Auror!"

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