Seltsame Wege

 

 

Zurück

 

Zurück zur
Startseite

Kapitel 11: Konsequenzen





Albus tat sein Zögling leid. Er konnte sich den Schmerz und die Qualen gut vorstellen. An Malfoy verschwendete er keinen Gedanken, er hatte ihn nie gemocht und jetzt war er ihm gänzlich egal. Dumbledore wand sich Hermine zu. Tränen funkelten in ihren Augen und sie sah unverwandt auf die Tür. Was sollte er ihr sagen? Wie würde es nun weiter gehen?

Umständlich räusperte er sich und streckte langsam die Hand aus, um sie auf sich aufmerksam zu machen. Sie zuckte zurück, ein panisches Flackern in den Augen. Dann blinzelte sie ein paar Mal und schluckte. Er hatte ihre Aufmerksamkeit.

"Miss Granger... Kind!"

Seine Stimme klang leise und beruhigend. Er wollte sie nicht ängstigen, aber er musste mit ihr reden. Sie sah ihn an, der Blick fast leblos und nur ein leichtes Zucken um die Mundwinkel.

"Ja, Professor Dumbledore?"

Er schluckte. Wie sollte er anfangen? Sie war doch noch ein Kind, auch wenn diese Unschuld vielleicht zerstört worden war.

"Ich bringe Sie besser zu Madame Pomfrey. Sie wird sich um Ihre Verletzungen kümmern..."

"Nein. Ich möchte nicht, dass mich jemand so sieht."

"Kind! Es war doch nicht deine Schuld!"

"Tatsächlich nicht?"

"Nein! Er hat dir dies angetan und er wird auch dafür büßen!"

Ihr Blick wurde mitleidig und ein trauriges Lächeln umspielte ihre geschwollenen Lippen.

"Er ist reich. Mächtig. Reinblütig!..."

"Das ist doch..."

"Glauben Sie denn wirklich, dass er dafür zur Verantwortung gezogen wird? Er? Ein Malfoy? Wegen eines Schlammblutes?"

"Hermine, er wird dafür gerade stehen!"

"Vielleicht wird er dafür vor Gericht gestellt... vielleicht. Und dann kommen Dutzende Anwälte seines Vaters... Und am Ende wird er lächelnd aus dem Saal gehen - als freier Mann. Und ich werde die Einzige sein, die dafür gebüßt hat."

"Aber er muss doch bestraft werden!"

Er klang empört, obgleich der Ungerechtigkeit. Sie dachte noch, er müsste es eigentlich besser wissen. Es war nicht ihr Fehler gewesen... aber letztlich würde Professor Snape dafür nach Askaban gehen, und sie? Sie würde diese altehrwürdigen Gemäuer verlassen, noch vor ihrem Abschluss.

"Er wurde bereits gerichtet."

Sie klang wieder leblos und Albus machte sich Sorgen um ihren Geisteszustand. Die Robe war ein wenig verrutscht und er konnte ihre zerrissenen Kleider darunter sehen. Die helle Haut voller blutiger Schrammen. Grünbläuliche Schatten wie Muster auf einem Stück Seide.

"Ihre Wunden müssen versorgt werden!"

"Sie werden auch von alleine heilen. Ich möchte nur nach Hause gehen!"

Dumbledore blickte sie traurig an. Die beste Schülerin seit so langer Zeit. Talentiert! Schön! Und sie würde einfach so gehen... Ohne Abschluss. Das durfte doch nicht das Ende sein?

"Aber Sie müssen doch Ihren Abschluss in wenigen Wochen machen!"

"Ja? Muss ich das?"

"Sie haben so hart dafür gearbeitet. Wollen Sie alles umsonst gewesen sein lassen?"

Sie sah ihn wieder mit diesem bitteren Lächeln im Gesicht an. Als wäre sie schon uralt und ihre Weisheit so unbegreiflich für ihn. "Wie könnte ich hier bleiben? Mit dem Wissen, dass es bald von jedem Wesen hallt. Die Schande!"

"Er würde damit gewinnen!"

"Mag sein... was kümmert es mich?"

Sie stand auf, die Robe um sich gewunden, wie eine Königin. Stolz und von bitterer Würde wand sie sich zum Gehen. Albus hielt sie nicht auf. Er hatte alles versucht und nun musste er sich um ein verletztes Herz kümmern. Umso erstaunter war er, als sie sich an der Tür noch einmal umdrehte und ihre leise Stimme erklang.

"Was wird mit Professor Snape geschehen?"

Das war die Frage! Er wusste keine Antwort. Draco hatte diesen Vorfall sicher schon seinem Vater gemeldet, und dieser würde nicht lange Zögern. Es war sicher, dass Severus eine Gerichtsverhandlung nicht überstehen würde, nicht als freier Mann. Auch dann nicht, wenn er für ihn vorsprechen würde.

"Ich weiß es nicht."

"Aber Sie werden ihn doch dafür nicht nach Askaban schicken! Oder?"

Sie wirkte unsicher, bestürzt. Er war so dankbar für diese Regung. Mochte auch ihr Körper geschändet worden sein, ihr Verstand war klar und messerscharf. Sie machte sich Sorgen um Sev. Albus bedauerte ihn. Er hatte aus Liebe gehandelt und würde schmerzlichst vergehen. Zu wenig schöne Erinnerungen, fast keine liebevolle Menschen... er hatte den Dementoren nichts zu bieten. Wer weiß, wie lange er es überstehen würde?!

"Ich denke, es wird eine Verhandlung geben. Er ist ein ehemaliger DeathEater und das Ministerium wollte ihn schon lange in Askaban sehen - unabhängig von seinen Heldentaten. Sie werden diese Situation sicher nutzen. Er hat keine Chance!"

Sie blickte zu Boden. Nachdenklich. Und dann hob sie ihren Kopf und ganz leise fragte sie. "Und wenn Draco es nicht melden würde?"

"Aber er wird es tun! Und wenn nicht er, dann müsste ich es tun!"

"Wenn er es nicht tut, werden Sie es dann wirklich tun?"

"Wie könnte ich? Er ist mein Freund! Ich schulde ihm so unendlich viel. Ich würde schweigen!"

"Draco Malfoy wird es nicht melden!"

"Aber... wie können Sie sich da so sicher sein?"

"Er wird schweigen. Oder es bereuen!"

Damit wand sie sich entgültig ab und liess Dumbledore alleine in Snapes Gemächern zurück. Er war verblüfft, voller Hoffnung und dennoch sicher, dass sie nichts ändern könnte. Er hatte versagt.



***




Hermine wusste nicht, warum sie es tat. Warum ihre Schritte sie zur Krankenstation trugen. Sie würde nicht zulassen, dass er für etwas büßen musste, das nur sie etwas anging. Und ihr Hass auf Malfoy wuchs.

Es begegnete ihr niemand auf ihrem Weg. Sie erreichte die Station und Stille empfing sie. Es war so einfach. Sie trat an das Bett ihres verhassten Gegners. Sah hinab auf seine schönen Züge, seine silbrigen Haare. Schmerzen waren in seinem Gesicht eingebrannt und manchmal zuckte er. Es bereitete ihr eine grausame Genugtuung, ihn so zu sehen.

Sie streckte ihre Hand aus und ihre Finger strichen über eine der Haarsträhnen. Zerrieben sie zwischen den Kuppeln und betrachteten sie, als das Haar wieder die Kissen berührte. Wie konnte jemand das Gesicht eines Engels haben - und das Wesen eines Teufels? Eine leise Stimme in ihr antwortete:

Wie kann jemand jahrelang von dir gehasst werden, wenn er für dich alles riskiert?

Der Gedanke tat weh. Sie wollte jetzt nicht darüber nachdenken. Wollte nicht erinnert werden, an seine Worte, seine Taten. Er war ihr Lehrer! War es nicht seine Pflicht, sie zu schützen?

'Er hat mehr als das getan. Er hat sein Leben zerstört. Und ich? Ich werde es ihm wieder schenken!'

Damit legte sie ihre Hand um Dracos Kehle und verstärkte den Druck.


Kapitel 10

Kapitel 12

 

Zurück